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Mohnhaupt hofft auf Freiheit

Ehemalige RAF-Terroristin seit mehr als 24 Jahren in Haft - Antrag läuft

Stuttgart (dpa). Nach mehr als 24 Jahren hinter Gittern hat die zu lebenslanger Haft verurteilte frühere RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt gute Chancen auf Entlassung aus dem Gefängnis.
Erhielt 1985 fünf Mal Lebenslang: Brigitte Mohnhaupt.
In einer nichtöffentlichen Anhörung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart beantragte die Bundesanwaltschaft gestern, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Damit könnte die 57-Jährige frühestens am 26. März freikommen. Das OLG will seine Entscheidung in der ersten Februarhälfte bekanntgeben. Unterdessen mehren sich Forderungen nach Begnadigung des Mohnhaupt-Komplizen Christian Klar. Auch er sitzt seit mehr als 24 Jahren in Haft.
Mohnhaupt gehörte von 1977 bis zu ihrer Festnahme 1982 zu den führenden Köpfen der »Roten Armee Fraktion«. Sie gilt als Rädelsführerin der Entführung und Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977 und war im selben Jahr an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto beteiligt. 1985 erhielt sie fünf Mal Lebenslang. Die Mindestverbüßungsdauer läuft Ende März aus.
Schleyers Witwe Waltrude reagierte mit vehementer Ablehnung auf die Anhörung: »Lasst die Mörderin meines Mannes nicht frei!«, sagte sie. »Ich werde Brigitte Mohnhaupt nie vergeben können. Sie hat sich bis heute nicht bei mir entschuldigt.«
Einem Gutachten zufolge gilt die lange als RAF-Hardlinerin eingestufte Mohnhaupt nicht mehr als rückfallgefährdet. Damit kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Die einstige Philosophie-Studentin war schon zwischen 1972 und 1977 inhaftiert.
Mit Blick auf Christian Klar begrüßte es der Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, dass der Bundespräsident eine Begnadigung erwägt. Zuvor hatten die früheren Bundesminister Gerhart Baum und Klaus Kinkel (beide FDP) für die Freilassung Mohnhaupts und Klars plädiert. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, nannte Reue Voraussetzung einer Gnaden-Entscheidung. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) mahnte, auch die Gefühle der Opfer zu berücksichtigen.
Über Klar wird derzeit ein Gutachten erstellt. Bei günstiger Prognose kann er von Juli an mit Vollzugslockerungen rechnen. Seine reguläre Entlassung ist frühestens im Januar 2009 möglich. Er gehörte seit Mitte der 70er Jahre zum inneren Führungszirkel der RAF. Der studierte Historiker war Mohnhaupts Hauptkomplize bei der Schleyer-Entführung. 1985 erhielt er Lebenslang wegen gemeinschaftlich verübten Mordes an Schleyer, Buback und Ponto sowie deren Begleitern.
Aus den Reihen der RAF sitzen noch Eva Haule und Birgit Hogefeld lebenslänglich in Haft. Die 52-jährige Haule spielte eine führende Rolle im »Kommando Jan-Carl Raspe«, das Ende 1984 einen Bombenanschlag auf die NATO-Schule in Oberammergau verüben wollte.
Die gebürtige Wiesbadenerin Hogefeld (50) stieg zu einer Leitfigur der »dritten« RAF-Generation auf. Im Juni 1993 wurde sie in Bad Kleinen in Mecklenburg verhaftet. Dabei starben ihr RAF-Komplize Wolfgang Grams und ein GSG-9-Beamter.

Artikel vom 23.01.2007