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Wort zum Sonntag

Heute von Pfarrerin Christiane Becker

Christiane Becker ist Pfarrerin in der evangangelischen Kirchengemeinde Versmold.

Nun ist sie fast schon wieder vorbei - die Zeit für gute Vorsätze. Das neue Jahr ist nicht mehr sehr neu und alles fast schon wieder wie immer. In den ersten Tagen werden noch alle gefragt, die Prominenten sowieso und wir normalen Menschen auch. Nämlich danach, was wir uns vorgenommen haben für das neue Jahr? Oder wir werden ganz ungefragt mit neuen Diätplänen und Sportprogrammen eingedeckt als ob es sonst nichts gäbe, was wir gern anders machen oder neu lernen würden.
Dabei haben wir selber ja längst ein paar gute Ideen, was wir gern anders und neu hätten: Weniger . . . Hektik, Ärger, Arbeit, Streit. Und dafür mehr . . . Ruhe, Freude, Zeit für . . . - und mehr Freundlichkeit und Geduld täte auch allen gut.
Das Problem ist nur: so schnell die Zeit auch verfliegt, so kurz eine Woche ist und ein Tag erst - für unsere wunderbaren Vorsätze ist manchmal schon ein einziger Tag viel zu lang, von einer Woche oder gar einem Jahr ganz zu schweigen.
Vor ein paar Wochen bin ich auf ein paar gute Vorsätze gestoßen, die nicht mit dem Anspruch daher kommen, für ein ganzes Jahr halten zu müssen.
»Nur für heute«» lautet die Überschrift für die »zehn Regeln der Gelassenheit« (die übrigens von Papst Johannes XXIII stammen sollen). Nur für heute, nur für diesen einen Tag. Und ich muss mir auch nicht gleich alle zehn für heute vornehmen. Ich kann mir einen heraussuchen - an den Kühlschrank kleben oder an die Pinnwand und es dann versuchen: Nur für heute.
Diesen beispielsweise: Nur für heute werde ich mich bemühen, einfach den Tag zu erleben, ohne alle Probleme meines Lebens auf einmal lösen zu wollen.
Oder diesen: Nur für heute werde ich große Sorgfalt in mein Auftreten legen und vornehm sein in meinem Verhalten. Ich werde niemanden kritisieren. Ich werde nicht danach streben, die anderen zu korrigieren oder zu verbessern - nur mich selbst.
Oder diesen: Nur für heute werde ich fest daran glauben (selbst wenn die Umstände das Gegenteil zeigen sollten), dass die gütige Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es sonst niemanden auf der Welt. Nur für heute. Dann müssen wir uns auch nicht dadurch entmutigen lassen, wir müssten es ein ganzes Jahr oder gar Leben durchhalten.
Und vielleicht merken wir so, dass wir zwar nicht jeden Tag ein neues Leben anfangen können, aber jeden Morgen einen neuen Tag. Und das gerade dann, wenn es am Tag davor nicht gut geworden ist. Denn so heißt es doch im Alten Testament (ausgerechnet in den Klageliedern Jeremias 3, 22): Gottes Barmherzigkeit ist jeden Morgen neu und seine Treue ist groß.

Artikel vom 20.01.2007