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»Es war für mich
zuletzt nur eine Qual«

Fußball-Profi Sebastian Deisler beendet seine Karriere

München (dpa). Nach einem langen Leidensweg hat Fußball-Nationalspieler Sebastian Deisler einen Schlussstrich gezogen und seine Karriere mit sofortiger Wirkung beendet.

»Das ist keine Entscheidung, die von heute auf morgen gefallen ist. Sie ist gereift«, sagte der 27-Jährige vom deutschen Rekordmeister FC Bayern München: »Es war für mich zuletzt nur noch eine Qual.« Mit Deisler, der sich in seiner Karriere fünf Knie-Operationen unterziehen musste und zudem an Depressionen litt, verliert der deutsche Fußball eine seiner hoffnungsvollsten Begabungen.
Der Rücktritt Deislers wurde von allen Seiten bedauert: »Es tut mir sehr leid, dass ein Fußballer mit solch herausragenden Qualitäten auf diese Weise seine Karriere beenden muss«, sagte Bundestrainer Joachim Löw. DFB-Präsident Theo Zwanziger: »Dass Deisler so früh aufhört, ist natürlich sehr bitter.« Betroffen reagierte auch der frühere DFB-Teamchef Rudi Völler: »Er hatte ein unglaubliches Verletzungspech.«
Bayern-Manager Uli Hoeness resignierte: »Wir haben gekämpft um den Sebastian. Aber diesen Kampf haben wir verloren.« Das jahrelange Drama um Deisler erreichte nach der Rückkehr aus Dubai seinen Tiefpunkt. Nachdem er sich während des Trainingslagers (»Ich kann spielen«) noch kämpferisch gegeben hatte, habe ihn der Mittelfeldakteur am Münchner Flughafen um ein Gespräch gebeten, schilderte der sichtlich mitgenommene Hoeneß. Hier habe er ihn von seinem Entschluss unterrichtet.
Deisler absolvierte 36 Länderspiele und 135 Bundesliga-Partien für Gladbach, Hertha und Bayern. Trotz seiner vielen Rückschläge kämpfte er sich immer wieder zurück. Doch nach überstandenen Depressionen, wegen der er sogar zwei Mal stationär behandelt wurde, musste Deisler drei Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft 2006 einen seiner bittersten Momente hinnehmen. Im Training zog er sich eine Knorpelabsprengung im rechten Knie zu. Dadurch verpasste er nach 2002 erneut eine WM.
Nun will er erst einmal Abstand gewinnen und zur Ruhe kommen. »Ich möchte mich um meine kleine Familie kümmern. Die Entscheidung steht. Darüber bin ich glücklich.« Deisler ist Vater eines Sohnes. Der bis 2009 laufende Vertrag beim FC Bayern soll nun erst einmal ruhen. »Sollte er es sich irgendwann noch anders überlegen, kann er sofort zurückzukehren«, kündigte Hoeneß an.

Artikel vom 17.01.2007