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»Die Weberei darf nicht sterben«

WESTFALEN-BLATT-Umfrage zur Insolvenz des Gütersloher Kulturzentrums

Von Christian Uthoff
Gütersloh (WB). Die Insolvenzmeldung der Weberei hat in der vergangenen Woche Mitarbeiter und Lieferanten des Unternehmens geschockt. Dennoch geht der Alltagsbetrieb in Güterslohs wichtigstem Kulturzentrum vorerst weiter. Das WESTFALEN-BLATT hat sich am Freitagabend auf den Weg in die Weberei-Kneipe gemacht, um mit den Gästen vor Ort über die Finanzkrise zu sprechen.

Der Tenor im Raum war überall gleich: »Die Weberei darf nicht sterben«, erklärte Stammgast Sabine Bonen. »Eine Schließung wäre das Debakel für Gütersloh schlechthin«, ergänzte ihre Freundin Claudia Schönebeck. Und weiter: »Ich hoffe, die Stadt wird weiter hinter dem Kulturzentrum stehen, denn hier gibt es für alle Altersschichten ein abwechslungsreiches Programm«. Ein Beispiel: die Ü30-Party, die am Freitag parallel in der benachbarten Disco stattfand. Gegen 22 Uhr bildete sich dort eine fast hundert Meter lange Schlange, so dass einige Gäste es vorzogen, vor dem Austoben auf der Tanzfläche beim gemütlichen Essen in der Kneipe Energie zu tanken. Zwei von ihnen waren Jörg Paulus und Dirk Ahlke, die für die Weberei-Veranstaltung extra aus Lippstadt anreisten. »In unserer Gegend gibt es nichts Vergleichbares«, so Paulus, der auf den überregionalen Stellenwert der Weberei anspielte.
Melanie Bunger und Judith Wiebold stärkten sich vor der Party ebenfalls mit knusprig gebackenen Kartoffeln: »Das Essen ist wunderbar hier und dazu auch noch billig«, waren sich die Frauen einig. Die Zukunftsperspektiven der Weberei sehen sie durchweg positiv: »Die haben sich doch immer wieder aufgerappelt«.
Bei Weberei-Stammgast Jens Clasvorbeck und seinen Freunden Angela und Christian Meador war die Pleite des Kulturzentrums das Hauptgesprächsthema: »Ich war geschockt, als ich die Nachricht von meiner Lieblingskneipe gehört habe«, erklärte der 38-jährige Clasvorbeck. Eine Schließung der Weberei käme für Clasvorbeck und seine Freunde dem Wegfall einer Institution in Gütersloh gleich. »Wir können uns aber nicht vorstellen, dass die Stadt Güterslohs Aushängeschild in Sachen Kultur fallen lassen wird«, gaben sich die Drei optimistisch.
Einen weiteren Grund für das Aufrechterhalten des Betriebs lieferte ein paar Tische weiter Stefan Bittop aus Herzebrock: »Unsere Kinder sind zum Para-Dancing hier, daher war ich geschockt, als ich vom finanziellen Debakel der Weberei hörte«, erklärte der Familienvater. »Für Kinder wie Jasmin Ayari wäre der Verlust dieser Veranstaltung eine Katastrophe«, berichtete Bittop weiter und schaute dabei ziemlich unglücklich drein.
Auch an der Cocktailbar, die von der Firma Bagandi bewirtschaftet wird, bildete sich ab 22 Uhr eine immer längere Schlange. Trotzdem nahm sich Barmixerin Vanessa Fiean kurz Zeit, die Charakteristika der Weberei aufzuzählen: »Hier trifft sich ein bunt gemischtes Publikum - alle Altersschichten sind vertreten«, erklärte die junge Frau gegenüber dem WESTFALEN-BLATT. Und weiter: »Diese Leute sind alle unglaublich locker und machen die Gütersloher Weberei deshalb als Treffpunkt so attraktiv«. Sie würde das Gütersloher Kulturzentrum nach einer Schließung sicher vermissen, für ihren Arbeitgeber sei der Verlust aber zu verkraften.
»Man sieht ja, wie viel hier heute Abend los ist«, erklärte Stammgast Dirk Janke zum Abschluss und deutete auf die mittlerweile rappelvolle Kneipe. Dann fiel auch er in den allgemeinen Tenor mit ein: »Der Verlust der Weberei wäre eine riesige Katastrophe für Gütersloh - sie darf nicht untergehen«.

Artikel vom 15.01.2007