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Wie Dissen die Piumer ins Gebet nimmt

Warum ev. Christen aus Westbarthausen zum Kirchgang über die Landesgrenze müssen

Von Achim Köpp
Borgholzhausen/Dissen. »Ich wohne zwar auf Borgholzhausener Gebiet«, sagte einmal Fritz Ostmeyer, der ehemalige Bürgermeister der Lebkuchenstadt und Landrat des Kreises Gütersloh aus Westbarthausen, »aber wenn ich aus meinem Wohnzimmer schaue, blicke ich auf den Turm der Dissener Mauritiuskirche. Deshalb ist meine politische Heimat Borgholzhausen, meine kirchliche jedoch die in Dissen!«

Ostmeyer war einer der evangelischen Christen, die seit dem Mittelalter der Dissener Kirche zugeschlagen waren. In dem Dissener Gotteshaus, das 1276 erbaut war und dem Heiligen Mauritius geweiht war, wurde er getauft, konfirmiert, getraut und gehörte sogar dem Kirchenvorstand an. Auf dem Dissener Friedhof ist er auch bestattet worden. Wie Ostmeyer, gehörten die Menschen in Westbarthausen, Kleekamp sowie die vom Knehof in Ostbarthausen seit der Zeit von Karl dem Großen um 800 n. Chr. zu dem von ihm errichteten Bistum Osnabrück - und damit zum Kirchspiel Dissen.
Wie viele Gemeindemitglieder es damals waren und auch heute noch sind, weiß eigentümlicher Weise niemand. »Wir sind ein Sonderfall«, erklärt dazu Pastor Erik Neumann, zuständig für den Ostbezirk der Mauritius-Kirchengemeinde in Dissen, »nicht einmal das Statistische Bundesamt kann uns die Anzahl unserer Kirchengemeindemitglieder nennen, die auf dem Gebiet von Borgholzhausen wohnen.« Es sollen rund 500 sein.
300 Menschen mehr aus Westbarthausen gehörten auf jeden Fall noch bis zum Jahr 1995 zur Mauritius-Kirchengemeinde: Immer wieder war es in der Vergangenheit zu Unklarheiten über die Zugehörigkeit der Menschen zur Dissener oder Bockhorster Kirchengemeinde gekommen, weil nach der Neuaufteilung durch den Kirchenkreis Halle diese kirchliche Grenze kreuz und quer durch die Siedlung verlief. Vor allem bei Neubürgern führte das oft zu Irritationen.
So waren die beiden Kirchengemeinden übereingekommen, nun endlich klare Verhältnisse zu schaffen und das daraus resultierende Ergebnis - vorbehaltlich der Zustimmung der Landeskirchen in Bielefeld und Hannover - zu akzeptieren. Auf den an die konfirmierten Christen südlich der damals geplanten Autobahntrasse der A 33 bis an die Ortsgrenze Bockhorst versandten Fragebögen sprachen sich damals überraschend 68,4 Prozent für Bockhorst aus, was der Dissener Pastor Andreas Schmidt mit dem Satz »Das ist heute ein schwarzer Tag für die Mauritiusgemeinde« kommentierte.
Der Bockhorster Pastor Martin Engelbrecht freute sich natürlich über den unverhofften »Zuwachs«, kündigte aber an: »Probleme soll es für die betroffenen Gemeindemitglieder in Westbarthausen nicht geben. Wer eine Grabstelle auf dem Dissener Friedhof hat, wird sie dort auch weiterhin haben. Auch werden Amtshandlungen der jeweiligen Pastoren in Dissen wie in Bockhorst weiterhin möglich sein!«

Artikel vom 11.01.2007