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Diskriminierung
kann teuer sein

Anwalt warnt vor Folgen von Gesetz

Von Stefan Küppers
Altkreis Halle (WB). Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist seit knapp einem halben Jahr in Kraft. Doch von denjenigen, die es besonders angeht, zum Beispiel den Arbeitgebern, wissen viele nicht, in welche Diskriminierungsfallen sie tappen können. Dies schließt der Haller Arbeitsrechtler Moritz Diekmeyer insbesondere aus weiterhin unbedachten Formulierungen in Stellenanzeigen, die Arbeitgeber im Streitfall teuer zu stehen kommen können.

Rechtsanwalt Moritz Diekmeyer hat sich zuletzt auch in Vorträgen mit den arbeitsrechtlichen Auswirkungen des sogenannten Antidiskriminierungsgesetzes befasst. In Paragraf 1 des AGG steht: »Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.« Auch wenn er die Kritik auch vieler Juristen an dem Gesetz teilt und es an Auslegungen durch Urteile von Gerichten noch mangelt, warnt Diekmeyer Arbeitgeber davor, das AGG auf die leichte Schulter zu nehmen.
Insbesondere in Stellenannoncen entdeckt Diekmeyer immer noch Hinweise, die als Diskriminierungen ausgelegt werden können. Dazu zählt er unbedachte Formulierungen wie »Sie sind zwischen 25 und 30 Jahre alt« oder »Wir suchen für unser junges, dynamisches TeamÉ«. Hier werden Alterskorridore beschrieben beziehungsweise indirekte Hinweise als Ausschlussgründe für Bewerber formuliert. Aber eine Diskriminierung wegen des Alters ist eben laut AGG nicht zulässig. Auch eine Anforderung wie »Beherrschung der Sprache« sollte wegen einer möglichen Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft unterbleiben. Selbst von einer Anforderung von Fotos in Annoncen rät Diekmeyer ab, da durch diese ja Alter und Rasse eines Bewerbers eingeschätzt werden kann.
Moritz Diekmeyer warnt vor sogenannten »AGG-Hoppern«, die kein echtes Interesse am Arbeitsplatz haben, aber Unbedachtheiten ausnutzen und es auf Schadenersatz absehen. Werde ein Bewerber aus diskriminierenden Gründen abgelehnt, könne dieser bis zu drei Bruttomonatsgehälter erstreiten. Eine Annonce mit diskriminierenden Inhalten sei dabei für viele Arbeitsgerichte schon ein Indiz, dass tatsächlich vom Arbeitgeber diskriminiert werde.
Indizien, dass es sich um »AGG-Hopper« handeln könne, seien ungefragte Hinweise zum Beispiel auf Behinderung, Homosexualität oder Kopftuch, dass sich Männer auf typische Frauenberufe bewerben (und umgekehrt) oder dass ein Bewerber nicht auf die Anforderungen in einer Bewerbung eingeht.
Diekmeyer empfiehlt hier die Vermeidung von diskriminierenden Äußerungen oder Fragen sowie neutrale Absagen ohne Begründung. Keinesfalls dürfe ein Arbeitgeber schreiben: »Leider sind sie für uns zu alt.«
Damit Arbeitgeber ihren Pflichten nach dem AGG nachkommen, rät Diekmeyer zu folgenden Sofortmaßnahmen: den Aushang des AGG am »schwarzen Brett«, die Unterrichtung der Mitarbeiter über die Unzulässigkeit von Benachteiligungen, das Festlegen einer Beschwerdestelle im Betrieb sowie die Überprüfung von Arbeitsverträgen und Einstellungs-Fragebögen auf Diskriminierungen.

Artikel vom 11.01.2007