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»Jugendliche nicht als Problem sehen«

Im WB-Interview: Bürgermeisterin Marion Weike über das vergangene Jahr und die Zukunft

Werther (WB). Richtungsweisende politische Entscheidungen gab es 2006 in Werther nicht. Dennoch stand Bürgermeisterin Marion Weike immer wieder in der Schusslinie von CDU, Grünen und UWG. Im Gespräch mit WESTFALEN-BLATT-Redakteurin Dunja Henkenjohann lässt Marion Weike die vergangenen Monate Revue passieren und wirft einen Blick auf 2007.

War das zurückliegende Jahr aus Sicht der Wertheraner Bürgermeisterin ein erfolgreiches?
Marion Weike: 2006 war ein gutes Jahr: Drei Häuser für das betreute Wohnen sind bezogen. Das vierte ist im Bau und wird im Frühjahr fertig. Schön ist, dass zeitgleich der Anbau des St. Jacobistifts erstellt wurde. Insgesamt hat Werther, wenn man den Lebensbaum und die Diakonie miteinbezieht, eine wirklich gute Infrastruktur für ältere Menschen.
Es ist toll zu sehen, wie schnell die Häuser am Jacobiweg gewachsen sind. Damit zeigt sich, dass es auch in Werther bei der Planung und Realisierung erstaunlich schnell gehen kann, wenn alle Beteiligten an einem Strick ziehen.
2006 wurde das Freibad günstig saniert, ebenfalls ein wichtiger Baustein in unserer Infrastruktur.
Ende 2005 haben wir im Industriegebiet Dammstraße ein Grundstück von 21 000 Quadratmetern gekauft, davon konnten wir bereits wieder 12 000 verkaufen. Die erste Produktionshalle ist schon in Betrieb. Das ist aktive Wirtschaftsförderung.

Im vergangenen Jahr war die Diskussion um den Ankauf der Feuchtwiese an der Siegfriedstraße ein großes Thema. Was ist daraus geworden?
Marion Weike: Wir haben beim Land NRW Fördermittel beantragt, diese sind für 2007 in Aussicht gestellt. Sobald der Bescheid vorliegt, wird das Thema in den politischen Gremien beraten.

Als Bürgermeisterin mussten Sie einiges einstecken. Die Politiker der anderen Fraktionen haben Ihnen vorgeworfen, sie zu wenig zu informieren, so zum Beispiel im Fall der undichten Fenster der Grundschule Langenheide. Ist dort tatsächlich etwas schief gelaufen?
Marion Weike: Dazu kann ich nur sagen, dass es unterschiedliche Bewertungen in der Politik und in der Verwaltung gab. Die verschiedenen Möglichkeiten mit dem Thema umzugehen sind im Übrigen auch von dem beauftragten Ingenieur bestätigt worden.

Und in Bezug auf die Städtepartnerschaft mit Sokolow?
Marion Weike: Als Bürgermeisterin stehe ich zu den Begegnungen. Die Besuche waren ein toller Austausch und machen Mut, dass es viele Themen gibt, die man gemeinsam angehen kann. Auch für die Wirtschaft ist es sinnvoll, in Kontakt zu kommen. In dem Gebiet in Polen sind bereits heute mehr als 250 Unternehmen aus OWL aktiv.

Blicken wir in die Zukunft: Wie sieht Ihre Lösung für die Debatte um einen Supermarkt-Standort aus?
Marion Weike: Mein erstes Ziel ist es, die möglichen Beteiligten zu unterstützen, damit der Standort in der Innenstadt möglich kurzfristig bebaut wird. Ich habe in den letzten Wochen etliche Gespräche geführt, weitere stehen in den nächsten Tagen an. Damit ist das Thema aber nicht erledigt: Mehrere Einzelhandelsketten sind daran interessiert, nach Werther zu kommen. Der Aldi wünscht einen neuen Standort. Daran werden Politik und Verwaltung gemeinsam arbeiten müssen.

Und für das »Jugend-Problem«? Hier hat die Stadtverwaltung im Ausschuss berichtet, dass das Jugendzentrum jetzt auch samstags geöffnet hat. Bereits zeitgleich hat Leiterin Sabine Tilker geäußert, dass die Testphase ohne Erfolg geblieben sei. Wie gehtĂ•s nun weiter?
Marion Weike: Erst einmal ist mir wichtig, dass Jugendliche nicht als »Problem« angesehen werden. In vielen Bereichen engagieren sich Jugendliche in Werther. Leider sehen sie das Jugendzentrum nicht als ihren ureigensten Raum an. Dabei ist es eine unserer teuersten Einrichtungen. Es kann nicht sein, dass das Jugendzentrum dann, wenn Jugendliche Freizeit haben, geschlossen ist. Da wird es in 2007 gravierende Veränderungen geben.
Was kann Werther tun, um die Wirtschaft weiter nach vorne zu bringen?
Marion Weike: Zum einen müssen wir eng mit der Wirtschaftsförderung des Kreises zusammenarbeiten. Wichtig ist die Arbeitsteilung. Es nützt nichts, wenn wir Existenzgründer beraten. Das tun bereits die IHK und der Kreis. Wir müssen Wege aufzeigen, wo die Wirtschaft Ansprechpartner findet und uns auf kommunale Aufgaben konzentrieren. Außerdem wünsche ich mir, dass wir als Böckstiegel-stadt touristische Potenziale noch mehr ausschöpfen.

Ende dieses Monats bringt die Stadt traditionell den Haushaltsentwurf für 2007 ein - was können Sie jetzt schon verraten?
Marion Weike: Auch in Werther profitieren wir von besseren Einnahmen, insbesondere bei der Einkommensteuer. Damit ist klar, dass ich für 2007 einen ausgeglichen Haushalt bei unveränderten Steuersätzen vorlegen werde.

Welche sollen Ihre Themen für 2007 werden? Welche Projekte wird die Stadt in Angriff nehmen?
Marion Weike: In Werther stehen kaum noch Wohngrundstücke zur Verfügung. Somit sollte sich die Politik sehr bald mit dem Thema befassen, damit sich Werther als guter Wohnstandort behaupten kann. Ergänzend zum Elterngeld brauchen wir vor Ort mehr Betreuungsplätze für ein- und zweijährige Kinder. Wir müssen mit Eltern und Trägern prüfen, ob sie in zeitlicher Hinsicht ausreichen, aktuell stellt sich die Frage nach den Betreuungszeiten im Bereich der offenen Ganztagsgrundschule. Da steht übrigens auch der zweite Bauabschnitt für eine Mensa an. 115 000 Euro Fördermittel des Bundes sind bewilligt.

Artikel vom 05.01.2007