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Ein »April-Scherz« vom grünen Tisch

Neuner-Fußballteams in den Kreisligen: DFB-Plan sorgt bei »Praktikern« für Kopfschütteln

Von Gunnar Feicht und Sören Voss
Altkreis (WB). Von der Kreisliga A abwärts ab Sommer 2008 nur noch mit neun statt elf Fußballern pro Mannschaft: Der Vorschlag von DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger (Bericht im überregionalen Sportteil) sorgt in der heimischen Fußballszene für erregte Diskussionen.

Eine erste Blitzumfrage unter Trainern, Funktionären und Spielern aus dem Altkreis brachte allerdings ein eindeutiges Votum: Die geplante Abkehr von der sprichwörtlichen »Elf« wird einhellig abgelehnt, im ersten Moment sogar für einen Scherz gehalten.
Abwartend kommentiert Kreis-Vorsitzender Horst-Dieter Knüppel den revolutionären Vorschlag: »Die Veröffentlichung passt ganz gut zu den bevorstehenden Terminen: Am Samstag haben wir im Kreis Vorstandssitzung, Montag geht es in der Strukturkommission, der ich angehöre, für den westfälischen Verband um mögliche Reformen - da wird das sicher zum Thema.« Auch bei der Präsentation eines Thesenpapiers zur Zukunft des Fußball-Kreises will Knüppel die Idee vor Vertretern der Vereine am 29. Januar zur Diskussion stellen.
Für den Senioren-Spielbetrieb und die älteren Jugendklassen im Kreis Bielefeld/Halle bestätigt Knüppel die bundesweiten Zahlen: »In erster Linie aufgrund der demografischen Entwicklung gibt es einen rückläufigen Trend.« Die persönliche Meinung des Kreis-Vorsitzenden: »Der Gedanke ist grundsätzlich nicht schlecht, aber mit der Zahl elf verbindet sich im Fußball so viel Tradition und sentimentales Gedankengut, dass unser Sport mit der Änderung der Spielerzahl eines seiner Grundelemente verlieren würde - so ähnlich wie bei einer Abschaffung der Abseitsregel.«
Volker Wißmann (Trainer TSV Amshausen): »Wenn es Veränderungen in der Welt gibt, muss man sich denen sicherlich stellen. Aber dieser Vorschlag ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe. Personalprobleme gibt es vielleicht 'mal, aber dafür haben die Vereine doch zwei oder mehr Mannschaften. Politiker wollen ja immer mit Forderungen auf sich aufmerksam machen, aber ich weiß nicht, ob Herr Zwanziger da zu Ende gedacht hat. Das käme einer regelrechten Revolution des Fußballs gleich.«
Guido Nowak (Trainer und Obmann des BV Werther): »Da bleiben so viele offene Fragen, dass ich den Vorschlag für einen unausgegorenen Schnellschuss halte. Sollen wir dann auf dem großen Feld neun gegen neun spielen? Alle bisherigen Taktik-Konzepte, viele Trainingsinhalte und die natürlich gewachsenen Fußball-Traditionen würden auf den Kopf gestellt. In der Fußballpause kommen die Verbandsoberen offenbar auf die komischsten Ideen, das passt in dieselbe Kategorie wie beim Beschluss der Spielfeldverkürzung für die D-Junioren.«
Frank Strathkötter (Fußball-Obmann der Spvg. Versmold): »Darüber kann man ja nur lauthals lachen. Nur eines von vielen Argumenten gegen diesen Vorschlag: Jeder Aufsteiger aus einer Liga mit Neuner-Mannschaften in eine Klasse mit Elfer-Teams hätte doch einen Riesen-Wettbewerbsnachteil, allein wegen der taktischen Umstellung. Will man dann auch mit kleineren Spielfeldern operieren? Der DFB sollte lieber in anderen Belangen die Voraussetzungen für die Vereine im unteren Bereich verbessern, anstatt ihnen wie jetzt schon den Spielbetrieb mit Auflagen, Bürokratie und Abgaben zu erschweren.«
Peter Mannek (Trainer SC Peckeloh II): »Dieser Vorschlag kommt einem April-Scherz gleich. Da haben offenbar Leute am grünen Tisch gesessen und aus der Zahl der aktiven Spieler mit der Rechengröße neun statt elf eine höhere Zahl an Mannschaften errechnet. Das bringt mir für unseren Kreis auf dem Papier vielleicht 50, 60 Spieler »mehr« - aber bilden die denn gleich neue Mannschaften für einen Verein? Um den Rückgang im Seniorenspielbetrieb zu stoppen müsste, man vielmehr die Vereine dabei unterstützen, die Spieler ab der B-Jugend durch außersportliche und zusätzliche Angebote bei der Stange zu halten.«
Pascal Reuter (Spieler SV Häger): »Die ganze Sache hört sich für mich geradezu schwachsinnig an. Vor allem, weil es keine einheitliche Regelung wäre. Wie soll denn der Übergang aussehen, wenn man in eine höhere Liga kommt? Ich glaube nicht, dass sich dieser Vorschlag durchsetzen wird. Es wäre wohl besser, einfach die Anzahl der Mannschaften in einer Liga zu reduzieren.«
Tim Brodt (Spieler TuS Langenheide): »Ich kann die Vorschläge nicht ganz nachvollziehen. Denn mit Blick auf die demografische Entwicklung hätten doch erst die Jugendmannschaften Probleme. Und wie soll die Umsetzung genau aussehen? Für neun Spieler müsste doch auch das Feld verkleinert werden. Das ganze System wirkt für mich gedanklich nicht abgeschlossen.«Bundessport

Artikel vom 05.01.2007