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Mainz 05 wird abgeschrieben

Mit neuen Leuten will der FSV trotzdem das Unmögliche möglich machen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Mainz (WB). Am Ende und schon ein wenig abgeschlagen: Der FSV Mainz 05 hat in der Bundesliga-Vorrrunde mit großem Erfolg daran gearbeitet, zum Abstiegskandidaten Nummer eins zu werden.

Schwer ist ihm das nicht gefallen. Mit nur einem Sieg in 17 Partien haben die Mainzer ihre neue Rolle so souverän ausgefüllt, dass sie auch im Kollegenkreis schon als verlässliches Abschreibungsobjekt gelten. Die Ermittlungen des Fachmagazins Kicker unter 270 Erstliga-Fußballern ergaben ein eindeutiges Ergebnis. 78,8 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Mainz nach drei Jahren wieder zweitklassig wird. Auch der Trainer weiß um die akute Abstiegsgefahr. »Was wir jetzt brauchen, ist eine Aufholjagd, die die Bundesliga noch nicht gesehen hat«, sagt Jürgen Klopp.
Der Schlüssel dazu liegt im Rewir Power Stadion. Dort bestreitet die Mannschaft beim Mitbewerber VfL Bochum den Rückrundenauftakt. Gäbe es schon wieder auf die Nuss, zugleich einen Heimsieg von Cottbus gegen Mönchengladbach und einen Punktgewinn von Aachen zu Hause gegen Leverkusen, würde der Rückstand des Tabellenletzten auf Rettungsrang 15 bereits auf alle Neune anwachsen. Eine K.o.-Konstellation, die sich die Mainzer lieber gar nicht erst vorstellen.
Die Hypothek der Hinrunde lastet schon genug auf dem FSV. Nach dem wackeligen 2:1 zum Start Anfang August gegen Bochum stellte die Elf das Gewinnen bis auf weiteres ein. Ganz nebenbei gönnte sich das Schlusslicht auch noch das Erstrunden-Aus im Pokal gegen drittklassige Saarbrücker.
Dabei hatten die Rheinpfälzer im Sommer noch so eine Art WM-Schwung in ihre Umgebung importiert. Als Generalprobe für die Meisterschaft legten die »Null-Fünfer« ein munteres 5:0 gegen Englands Altmeister FC Liverpool hin. Wer hätte denn danach auch ahnen können, dass später in 1530 Ligaminuten nur noch elf Treffer fallen? Den Verlust der kompletten Offensivabteilung mit Regisseur da Silva sowie den Stürmern Thurk, Zidan und Auer konnte Mainz eben doch nicht auffangen.
Und dann kippte unter dem Druck der immer rasanteren Talfahrt in der Tabelle auch noch die Abwehr um. Nationalverteidiger Manuel Friedrich und seine Nebenleute verloren zu oft die Übersicht, der Torwartwechsel von Wache zu Wetklo brachte nicht viel.
Unter solchen Umständen haben auch Gallionsfiguren Schwierigkeiten. In Mainz ist der Trainer der Star. Jürgen Klopp - dem Land bekannt auch als patenter ZDF-Experte und pfiffiger Plauderer - musste wie immer nicht nach Worten suchen, doch fand er leider nicht mehr die richtigen. Nach dem 0:1 in Bielefeld kündigte er noch vor Ort vollmundig einen Neuanfang bei Null an. Allerdings hatte sich der Fußball-Lehrer für die Kehrtwende wohl kaum den geeigneten Gegner ausgesucht. »Kloppo« und seine Kicker bezogen eine Woche später beim 1:6 gegen Werder Bremen ihre schlimmste Kloppe.
Jetzt gilt es abermals, den Stürmen zu trotzen. »Wir haben hier in Mainz schon ganz andere Dinge überstanden«, erklärte Präsident Harald Strutz und es ehrt den Verein, dass er nicht aufgibt und in der Rückrunde alles probieren wird. Aus Bremen kommt der Mittelfeldspieler Leon Andreasen, von Standard Lüttich der rumänische Nationalstürmer Marius Niculae, der Berliner Andreas Neuendorf soll möglicherweise die Spielgestaltung übernehmen. Aber die Liga-Luft ist dünn.
Auf den FSV Mainz 05 warten 17 Endspiele. Vorteil vielleicht: Er kennt es ohnehin nicht besser.
Nächste Folge morgen: Der Hamburger SV vor dem Neubeginn.

Artikel vom 05.01.2007