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Der Napoleon von der Spree:
Bob Hanning lebt Handball

WM-Botschafter, Füchse-Manager, Trainer-Chef und TV-Kommentator

Von Volker Krusche
und Lars Krückemeyer
Berlin (WB). Er steht auf Abruf bereit. Aber er ist kein Spieler, der darauf wartet, dass er durch Verletzung eines Mitstreiters noch auf den WM-Zug springt. Nein, Bob Hanning ist vielmehr ein Tausendsassa in Sachen Handball, der an vielen Fronten zu kämpfen versteht. »Wenn Heiner mich braucht, stehe ich zur Verfügung!«

Einer der charismatischsten Trainer der Szene, inzwischen zum Entscheidungsträger am Schreibtisch umgestiegen, steht Gewehr bei Fuß, wenn es um das Gelingen der größten Handball-Veranstaltung geht. Seine Bereitschaft zu helfen bezieht sich aber nicht auf die Unterstützung beim Coaching, so wie es der 38-Jährige noch bei Olympia in Sydney oder dem Gewinn der Bronzemedaille bei der Europameisterschaft in Meran als »Co« an der Seite von Heiner Brand tat. Hanning würde gern die Gegner der deutschen Mannschaft unter die Lupe nehmen und mit seinen Analysen dazu beitragen, dass sich die DHB-Auswahl optimal vorbereiten kann.
Allerdings lässt der Mitgründer der »Füchse Berlin« - des wahrscheinlich nächsten Erstligisten aus der Hauptstadt - alles locker auf sich zukommen. Manager beim verlustpunktfreien Zweitliga-Primus, Vorsitzender der Deutschen Handball-Trainer-Vereinigung (DHTV), Kommentator beim Deutschen SportFernsehen (DSF) und für die bevorstehenden Titelkämpfe »WM-Botschafter« in Berlin - Hanning ist als »Hans Dampf« in allen Gassen unterwegs. Angst, sich zu verzetteln? »Nein, da besteht keine Gefahr. Ich bin jemand, der gut delegieren kann.« Seine WM-Aufgabe in der Hauptstadt bezeichnet er ohnehin als nicht so umfangreich, »als dass ich dafür zu viel Zeit aufbringen müsste«. Natürlich gelte es präsent zu sein, zu organisieren, aber das Ganze halte sich in Grenzen.
19. Januar, 17.30 Uhr, Eröffnungsspiel der WM in Berlin. Deutschland gegen Brasilien in der Max-Schmeling-Halle. Doch nach diesen 60 Spielminuten ist die WM an der Spree auch wieder vorbei. Zu wenig für die Hauptstadt? »Wir sind nicht enttäuscht. Vielmehr freuen wir uns gerade auf das Eröffnungsspiel«, bekennt Hanning. Es sei völlig korrekt, dass die Finalspiele in Köln ausgetragen würden. »Eine ausverkaufte Köln-Arena ist für den Handball doch ein Traum!« Aber hätte nicht doch die komplette deutsche Gruppe in Berlin zur Austragung kommen können? »Ja, vielleicht. Aber da fehlt Berlin die Lobby. Ostwestfalen hat sich das durch seine große Tradition zu recht erarbeitet«, findet Bob, der aufgrund seiner Ausstrahlung schon mal als Napoleon abgelichtet wurde, es richtig, dass Halle mit seinem Gerry-Weber-Stadion den Zuschlag erhielt. Er verspricht aber: »Wir werden Werbung für Berlin machen.«
Eine WM der Superlative erwartet Hanning nicht. »Dazu sind wir zu nah am Termin Fußball-WM.« Es werde aber sicher eine super Zuschauerresonanz geben. »Doch wir veranstalten das Turnier ja nicht im Sommer, so dass die Leute auch mal auf die Straßen gehen oder in Biergärten feiern können.« Allerdings lässt er keinen Zweifel daran, »dass wir dennoch eine WM mit einer tollen Atmosphäre erleben werden.« Professionalität in der Organisation, Freundlichkeit der Menschen und ein Wohlfühlerlebnis für die Gäste würden rübergebracht werden. »Und ganz wichtig sind die Arenen, in denen es sowohl für die Sportler wie auch die Besucher ein Riesenerlebnis geben wird.«
Sportlich sieht Hanning Deutschland mit dem Heimvorteil im Rücken auf einer Stufe mit Spanien, Frankreich und Kroatien. »Ein Titelgewinn wäre für uns ungemein wichtig, würde unsere Sportart als Nummer zwei hinter dem Fußball für die nächsten 20 Jahre unbesiegbar machen!« Wenn die Mannschaft aber nur 70 bis 80 Prozent ihres Leistungsvermögens abrufen würde, »dann werden wir die Hauptrunde nicht überstehen. Wir haben nur dann genügend Potenzial, wenn wir Leidenschaft entfachen. Denn Leidenschaft kommt von leiden - und nur, wer leidet, wird ein hohes Ziel erreichen können.«

Artikel vom 03.01.2007