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Ein »Hausfrauen-Porsche« mit 50 PS

Kfz-Meister Klaus Brune (67) aus Hörste hat einen Karmann Ghia Baujahr 1970 restauriert

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle-Hörste (WB). Der Tacho zeigt 150 Stundenkilometer. »Bei guter Laune und Rückenwind geht er 130. Aber ich fahre ihn höchstens mit 80«, sagt Klaus Brune und putzt mit einem hellen Lappen über den frischen Lack. Der rote Karmann Ghia Baujahr 1970 ist das »Augäpfelchen« des passionierten Autobastlers aus Hörste.

Der Kult-Wagen, liebevoll »Hausfrauen-Porsche« genannt, sieht enorm schnittig aus. Aber eigentlich hat sich nur ein normaler VW ein Gala-Kleid übergeworfen. Bis auf wenige Details ist die Technik des Karmann Ghia (Typ 14) identisch mit dem Käfer.
Das Modell von Klaus Brune (67) hat es einmal in 6398 Exemplaren gegeben. Wie viele davon jetzt noch existieren? »Rosten taten die alle sehr gut«, weiß der Kfz-Meister im Ruhestand, verweist auf Hohlräume und geringe Stückzahlen, quasi Einzelfertigungen mit berüchtigten »Kinderkrankheiten«. Einen Karmann Ghia Baujahr 1963 will der leidenschaftliche »Schrauber« als nächstes wieder auf Vordermann zu bringen. Jedenfalls wenn er einmal mit dem Mercedes 450 SL C, Baujahr 1973 fertig ist, den früher der Hörster Zahnarzt Otterpohl gefahren hat. Und mit dem betagten Motorroller, eine Dürkopp Diana von 1955, die auch »in den nächsten zehn Jahren« einmal aufgearbeitet werden soll. Den schönen, weißen Scirocco von 1955 nicht zu vergessen.
Die beiden »Karmänner« hat Klaus Brune jedenfalls vom Haller Gastwirt Ulrich Bielemeyer übernommen. Den jüngeren hat Brune 1970 sogar selbst aus Osnabrück abgeholt.
Ob Cabrio oder Coupé - viele Karmann Ghias haben ein ähnliches Schicksal erleben müssen: Die Autos, die immer schneller aussahen als sie eigentlich waren, wurden »frisiert« - tiefer und härter gelegt. Einen Oldtimer-Liebhaber wie den Bastler aus Hörste kann so etwas nicht glücklich machen. »Ich meine, dass alles so aussehen sollte, wie es mal war«, freut sich Klaus Brune über jedes Originalstück.
Sein elegantes Cabrio zeigt das freundliche Haifisch-Gesicht von ehedem. Geblieben ist auch das imitierte Holz-Armaturenbrett. Allerdings hat es schon vor vielen Jahren ein kleines, sportliches Leder-Lenkrad erhalten.
Brunes Karmann hat immer noch den Originalmotor. Der Wagen, den er immer nur im Sommer fährt, hat ganze 75 611 Kilometer auf dem Tacho. Den Motor hatte der Bastler schon mal komplett zerlegt. Überhaupt hat er monatelang an dem einstigen Liebling von Stars und Sternchen herumgeschraubt und geschweißt. Drei Wochen allein für ein Riesenloch im Boden. Und um die Scheinwerfer herum legt sich ein Karmann auch gern mal einen Rostschatten.
Einen Liebhaber stört so etwas nicht. Schließlich sind fast alle Ersatzteile noch erhältlich. Ein ganzer Satz Zierleisten beispielsweise ist für 90 Euro zu kaufen. Nur die Stoßstangen, die sind beinahe »unerschwinglich«.
Ein schönes Auto, aber weder schnell noch sonderlich praktisch. Neben den Fahrer und Beifahrer finden höchstens Zwerge Platz auf den beiden Notsitzen. Und beim Cabrio wird dieser Platz noch vom Verdeck beansprucht. Der Kofferraum reicht gerade einmal für einen Wochenendtrip.
Der Karmann Ghia ist ein echtes Frauenauto, wie Klaus Brune wohl weiß. Klein, sanft geschwungene Kurven - und dann die leuchtenden Augen der Frauen, die den kleinen Flitzer zu Gesicht bekommen.

Artikel vom 29.12.2006