27.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gefeierter Star
des DDR-Kinos

Erwin Geschonneck wird heute 100

Von Thomas Kunze
Berlin (dpa). Erwin Geschonneck hat es geschafft. Der Wunsch des Schauspielers »Ich will alt wie Methusalem werden« geht in Erfüllung. Heute feiert der Mime in Berlin seinen 100. Geburtstag.
Erwin Geschonneck spielte in gut 100 Filmen.

Geschonneck trat noch unter Brecht auf und erlangte mit Filmen wie »Karbid und Sauerampfer« Berühmtheit. Am Vormittag kommen die Kinder zur Gratulation in die Wohnung am Alexanderplatz. Am Abend wird Geschonneck in der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz geehrt.
Der Autodidakt feierte in den 50er Jahren Erfolge als Knecht Matti in Bertolt Brechts »Herr Puntila und sein Knecht Matti«. Er überzeugte sowohl als Charakterdarsteller wie auch in hintergründig-humorvollen Rollen. In der DDR gehörte er zu den bestbezahlten Schauspielern und stand in mehr als hundert Filmen vor der Kamera.
Dabei konnte Geschonneck, der in der Nazizeit jahrelang im Konzentrationslager saß, erst mit beinahe 40 Jahren seine eigentliche Schauspielkarriere starten. Er zählte 1945 zu den wenigen Überlebenden des Untergangs der »Cap Arcona«, auf der 4000 Häftlinge eingepfercht waren. Ab 1946 arbeitete er bei Ida Ehre an den Hamburger Kammerspielen und kam 1949 ans Berliner Ensemble. Für die DEFA spielte er unter anderem in »Jakob der Lügner« von Frank Beyer (1974), der als einziger Film der DDR-Filmgesellschaft für einen Oscar nominiert wurde. Zuerst hatte er abgelehnt, weil er nicht die Rolle des Jakob bekam. »Er war immer ein Sturkopf«, sagt seine 39 Jahre jüngere Frau Heike lächelnd. Nicht nur wegen des Films »Jakob der Lügner« wurde der mehrfache DDR-Nationalpreisträger 1993 mit dem Bundesfilmpreis geehrt. Geschonneck ist heute auf einen Rollstuhl angewiesen, und zum Fernsehen ist sein Gehör zu schlecht. So liest er, mit Lesebrille und Lupe bewaffnet, den ganzen Tag Zeitungen und Bücher.
Der MDR ehrt Geschonnek heute Abend um 22.50 Uhr mit einem Porträt und zeigt von 23.20 Uhr an zwei Filme: zuerst das Kriegsdrama »Fünf Patronenhülsen« (1959) und anschließend den Streifen »Gewissen in Aufruhr« (1961).

Artikel vom 27.12.2006