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»Jeder achtet auf den anderen«

Gelebte Nachbarschaft im Haus Stephanus - Alltag gemeinsam gestalten

Hiddenhausen (gb). »Hier ist man nicht allein«, sagt Wilfried Terjung. »Jeder achtet auf den anderen.« Seine Hausnachbarn pflichten ihm bei.

Sie nutzen ein Angebot von Haus Stephanus: Es heißt Service-Wohnen und meint 28 barrierefreie Wohnungen, die zu der Wohnanlage gehören. Die Wohnungen sind rollstuhlgerecht ausgebaut. Trotz Gehbehinderung ist es den Wohnungsinhabern möglich, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Viele sind bereits zur Eröffnung im März 2003 eingezogen.
Seitdem hat sich eine gelebte Nachbarschaft entwickelt. Man trifft sich zum Schnack nach dem Frühstück oder auf eine Tasse Kaffee am Nachmittag oder schaut gemeinsam TV am Abend.
Auch Ausflüge gehören dazu. Der Tierpark in Herford oder der Heimathof in Melle sind beliebte Ziele. Mehr ist jedoch kaum möglich. Die Fahrtkosten setzen Grenzen.
Zweimal im Monat wird gemeinschaftlich gefrühstückt, anschließend geht es zum Gedächtnistraining oder zu Fingerübungen. Die Gehbehinderung schränkt den Radius der Aktivitäten ein. Doch davon lassen sich die Service-Hausbewohner nicht einengen.
»Wir helfen uns gegenseitig,« sagt Terjung. Dank seiner handwerklichen Geschicklichkeit wird er gerufen, wenn mal ein Reifen am Rollstuhl platt ist oder die Glühbirne versagt. Terjung hat sich in seiner Wohnung in einer Nische eine kleine Werkstatt eingerichtet, so liegt das Handwerkszeug immer griffbereit.
Jeder im Haus achtet auf den anderen: Wenn morgens die Jalousien nicht hochgezogen werden, wird geklingelt. Und: Jeder hat vom anderen einen Wohnungsschlüssel. Hilfreich ist natürlich das Signalgerät, mit dem alle Bewohner mit der Notfallstation verbunden ist. Auf diesen »Pieper« achtet jeder. Zu lebhaft ist die Erinnerung an eine Nachbarin, die nachmittags auf dem Boden liegend in ihrer Wohnung gefunden wurde und das Signalgerät nicht bei sich trug.
Eigentlich fehlt nur eins zur vollkommenen Zufriedenheit: ein Gemeinschaftraum im Haus. Hier könnte man sich auch in größeren Gruppen oder in der Familie treffen, da die Wohnungen in der Regel nicht soviel Platz bieten. So weichen die Service-Nutzer auf das Haupthaus aus.
Weihnachten gehört natürlich der Familie, aber wie ist es Silvester? »Da ist eine kleine Feier schon möglich«, sagt Terjung. »Geplant ist noch nichts. Wir haben ja keinen weiten Weg.«

Artikel vom 23.12.2006