23.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Weihnachten ist ein Paradies

Landeskirchenrat i.R. Gerhard Senn pflegt Predigttradition in alter Gemeinde

Von Annemarie Bluhm-Weinhold
Steinhagen (WB). Für Gerhard Senn hat Weihnachten eine ganz besondere Bedeutung. Und das liegt nicht nur daran, dass er in der Nacht vor Heiligabend geboren wurde - 74 Jahre alt wird der Landeskirchenrat i.R. an diesem Samstag. »Weihnachten ist ein Licht bringendes Ereignis. Auch in dunkler Zeit, im Krieg, haben meine Eltern alles getan, um mir und meiner Zwillingsschwester das Fest zu einem Stück positiven Lebens zu machen«, erklärt er.

Weihnachten tue seiner Seele einfach gut - gerade auch wieder in der heutigen Zeit mit ihrer unruhigen Weltsituation. Aber schließlich spricht auch der Theologe: »Die Inkarnation Gottes, was sie intendiert und für mein Leben bedeutet, in keiner anderen Geschichte des Neuen Testaments rührt sie mich so unmittelbar und direkt an wie in der Weihnachtsgeschichte. Sie vermittelt mir, was Evangelium meint, gute und frohe Nachricht für mich und die Menschen, mit denen zusammen ich in einer grauen und bedrückenden Welt lebe: ein Stück Paradies.« So hat Gerhard Senn selbst seine Empfindungen einmal in einem Weihnachtsbrief beschrieben.
Was dem Steinhagener Weihnachten bedeutet, das wird auch an einer Tradition deutlich, die er sich geschaffen hat: Jahr für Jahr predigt er am ersten Weihnachtstag in seiner alten Kirchengemeinde in Iserlohn-Hennen. Dort war er von 1962 bis zur Berufung als Landeskirchenrat nach Bielefeld 1978 als Pfarrer tätig. Und sie liegt ihm nach wie vor am Herzen - nicht zuletzt, weil er dort als junger Pfarrer auch eine Kirche gebaut hat, deren 40-jähriges Bestehen er just mitgefeiert hat.
In diesem Jahr nun steht eines der bekanntesten und schönsten Weihnachtslieder im Mittelpunkt seiner Hennener Predigt: »Es ist ein Ros' entsprungen« (dazu Extra-Kasten). »Es ist ein Lied von wunderbarem Duft, innig und zart wie kaum ein zweites Weihnachtslied«, sagt Gerhard Senn.
Die praktische Gemeindearbeit hat ihn nie losgelassen - als Landeskirchenrat hatte er sich um die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter zu kümmern. Das Predigen war in der Gemeinde nicht möglich, was Senn sehr bedauert. Also widmete er sich der »Umsetzung der Theologie in die Praxis«, wie er das nennt, in seiner Freizeit - und jetzt, im (Un-)Ruhestand. Die Glaubensseminare in Steinhagen hat er mitinitiiert, nicht nur in Hennen und seinem Heimatort Steinhagen, sondern in halb Westfalen hält er Predigten und Vorträge - demnächst bei der Volkshochschule zum Thema »Sind Christen die glücklicheren Menschen?«
Eine Frage, die der 74-Jährige vermutlich uneingeschränkt bejahen und dann sehr klug und auch theologisch fundiert begründen würde. Aufgewachsen in der pietistisch geprägten CVJM-Arbeit seines Geburtsortes Schwerte war für den jungen Mann zunächst keineswegs die Theologie als alleiniger Weg vorgezeichnet. Von Haus aus ohnehin nicht. »Ich wäre gerne auch Arzt geworden. Ich bin fasziniert vom Leib-Seele-Zusammenhang. Das mag ein Albert-Schweitzer-Syndrom sein. Aber beides - Medizin und Theologie - konnte ich nicht und habe mich dann schnell für die Theologie entschieden.« Die führte ihn von 1953 bis 1959 zum Studium nach Münster, Heidelberg und Tübingen, 1960 ins Vikariat nach Dornberg, 1961 als Pastor im Hilfsdienst nach Hagen-Haspe und dann nach Hennen, wo er auch familiär mit Ehefrau Ursula und den drei Kindern heimisch wurde.

Artikel vom 23.12.2006