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»Schutzengel« in Orange an der B 64

René Michnil und Kollegen sichern Weihnachten Bahnübergang an der zerstörten Schrankenanlage

Von Eva Brinkmann
Höxter (WB). Es gibt viele gemütliche Orte in Höxter und Umgebung, an denen sich romantisch Weihnachten feiern lässt. Der Bahnübergang an der B 64 in Richtung Godelheim gehört definitiv nicht dazu.

Wer vergangene Woche auf der Bundesstraße zwischen Höxter und Godelheim unterwegs war, dem wird am Bahnübergang, direkt neben den Gleisen, vielleicht ein weißer Ford mit Essener Kennzeichen aufgefallen sein. Ein Lkw hatte am Montagmorgen die Schrankenanlage zerstört, seitdem sichern Bahnübergangsposten die Anlage ab (das WB berichtete am Dienstag).
Einer dieser Posten heißt René Michnil und stammt aus Bergkamen. Im Auftrag der Firma Schulte mit Sitz in Essen, einem Subunternehmer der Deutschen Bahn, sorgt er mit drei Kollegen dafür, dass es am Bahnübergang nicht noch einmal »kracht«. Gearbeitet wird im Schichtdienst von 5 bis 23 Uhr, dazwischen herrscht Betriebsruhe. Michnil und ein Hilfsposten sind für die Spätschicht von 14 bis 23 Uhr zuständig.
»Dass eine Anlage so zerstört wird, ist schon etwas Besonderes«, erzählt der Mann in der orangefarbenen Schutzkleidung. »Bei und nach Unfällen werden wir aber nicht selten eingesetzt. Außerdem sichern wir Bahnübergänge bei Funktionsstörungen und vor allem an Baustellen ab, wenn zum Beispiel Ausbesserungsarbeiten an der Fahrbahndecke vorgenommen werden.«
Immer wenn die Züge der NordWestBahn nahen, meldet sich der Fahrdienstleiter aus Höxter oder Ottbergen per Fernsprechkasten. Das ist zweimal pro Stunde. »Wenn um 14.34 Uhr der Zug aus Ottbergen mit 120 Stundenkilometern gemeldet wird, rechnen wir drei Minuten Fahrzeit minus zwei Minuten Karenz. Wir müssen den Übergang also um 14.35 Uhr schließen«, beschreibt Michnil. Dann steigen er und sein Kollege aus dem Auto, stoppen mit orangefarbenen Flaggen den Verkehr und ziehen ein rot-weiß gestreiftes Absperrband quer über die Straße. Angst, dabei überfahren zu werden, hat der Bahnübergangsposten nicht, sagt aber: »Manchmal ist es schon kriminell, wie einige über die Straße heizen, obwohl hier Tempo 50 ist.«
Wie lange er und seine Kollegen noch für die Absicherung des Bahnübergangs sorgen müssen, ist noch unklar. Axel Hermann, Bezirksleiter des Netzbezirks Paderborn bei der Deutschen Bahn, sagte am Freitag, die für die Reparatur der Schrankenanlage benötigten Teile seien noch nicht vollständig eingetroffen. Die Firma Schulte werde zumindest über die Weihnachtstage weiterhin beauftragt, den Bahnübergang abzusichern.
»Dann ist Weihnachten futsch«, meint René Michnil, der lieber in Bergkamen mit seiner Lebensgefährtin gefeiert hätte. Statt unterm Tannenbaum muss er nun wohl weiter im weißen Ford sitzen und im halbstündlichen Rhythmus für die Menschen auf der B 64 den »Schutzengel« spielen.

Artikel vom 23.12.2006