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Die Klosterpforte steht jedem offen

Schwester Teresa erklärt, wie in der Abtei Varensell Weihnachten gefeiert wird

Von Meike Oblau
Rietberg-Varensell (WB). Ja, es gibt einen geschmückten Tannenbaum und natürlich auch eine Krippe. Ja, es werden auch Weihnachtskekse gebacken, und das Essen an den drei Festtagen ist auch ein besonderes. Doch darüber hinaus unterscheidet sich das Weihnachsfest in der Benediktinerinnen-Abtei in Varensell doch erheblich von dem Fest, wie es im übrigen Rietberg sicherlich mehrheitlich gefeiert wird.

Schwester Teresa Friese gibt einen Einblick in das Weihnachtsfest, wie es die 50 Nonnen in Varensell begehen. »Für uns ist Weihnachten nach Ostern das zweithöchste Fest des Kirchenjahres. Die Menschwerdung Gottes ist ja das eigentliche Weihnachtsgeschenk, und das ist es, was wir hier feiern. Unser Lebensschwerpunkt ist die Feier der Liturgie, die an Weihnachten einen ganz besonderen Charakter hat«, berichtet sie. Wie jeden Tag so singen die Varenseller Benediktinerinnen auch zu Weihnachten siebenmal das Lob Gottes, während der Feiertage ist der Ablauf allerdings anders angeordnet. Am Nachmittag stimmen sich die Schwestern gemeinsam mit weihnachtlichen Liedern und Texten auf das Fest ein.
Die »Heilige Nacht« findet im Kloster tatsächlich auch in der Nacht statt: »Am Heiligen Abend gehen wir gewöhnlich gegen 19 Uhr schlafen, denn um 22.30 Uhr beginnt die Liturgie mit der Weihnachtsvergil, die dann in die Mitternachtsmesse einmündet, die bis etwa halb zwei dauert«, schildert Schwester Teresa. »Diese nächtliche Liturgie ist der eigentliche Kern des Weihnachtsfestes. Wir singen sie in den über tausend Jahre alten gregorianischen Gesängen, diese älteste kirchliche Tradition bleibt hier im Kloster Varensell lebendig.« Nach der Messe gibt es traditionell als Stärkung Christstollen und Milch, jede Schwester erhält zudem einen Teller mit hausgemachten Plätzchen. »Darüber hinaus gibt es keine Geschenke. Wir leben hier ohne eigenes Eigentum«, erläutert Schwester Teresa Friese.
An den Feiertagen erhalten viele Nonnen auch Besuch von ihren Angehörigen. »In der Adventszeit reduzieren wir diese Besuche bewusst und ziehen uns in die Stille zurück, um uns auch geistlich auf das Fest vorzubereiten. Aber an den Feiertagen ist Besuch herzlich willkommen«, berichtet sie. Das Gästehaus steht Besuchern aber traditionell auch in der Adventszeit zur Verfügung: »Seit vielen Jahren veranstalten wir im Advent Familienwochenenden, an denen sich Eltern mit ihren Kindern auf das Weihnachtsfest vorbereiten können. Da merken wir, dass viele die Bedeutung des Weihnachtsfestes und den Glauben an Jesus Christus weitergeben an die nächste Generation.« Nicht nur im Advent, auch in der Heiligen Nacht und an Weihnachten laden die Benediktinerinnen zum Mitfeiern der Liturgie ein: die Mitternachtsmesse ist im Pfarrbrief angekündigt, die übrigen Zeiten können an der Klosterpforte unter Tel. 0 52 44 / 5 29 70 erfragt werden. Wer glaubt, das Kloster erstrahle im Inneren derzeit in weihnachtlicher Dekoration, der sieht sich getäuscht. »Hier ist alles eher schlicht gehalten«, bestätigt Schwester Teresa, »und wir schmücken auch wirklich erst zu Weihnachten. Einige Tannengestecke und Wurzeln schmücken das Kloster, die Wurzel hat Bezug zur biblischen Verheißung bei Jesaja: aus einer alten Wurzel wächst ein neuer Trieb.« Im Konventszimmer (»sozusagen unser Wohnzimmer«, meint Schwester Teresa) stehen aber auch ein Weihnachtsbaum und eine Krippe. Und was am Weihnachtsfest so besonders ist, versucht Schwester Teresa mit einem Satz zu erklären: »Es gibt keine andere Religion, in der die Gottheit Mensch wird, darum führt das Weihnachtsfest an den springenden Punkt.«
www.abtei-varensell.de

Artikel vom 23.12.2006