23.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kleine Kanadierinnen zur Taufe in Hörste

In »Klacks Wiesenschänke« freut man sich über Besuch der Enkelinnen - 24 Stunden Anreise

Von Klaus-Peter Schillig
Halle-Hörste (WB). Heimweh ist für Christina Herkströter ein Fremdwort. Nach drei Jahren aber ist sie endlich mal wieder über Weihnachten zu Hause in Hörste - in »Klacks Wiesenschänke«.

Die 32-jährige gelernte Arzthelferin, wohnt seit vier Jahren mit ihrem Mann und Tochter Pia (9) in der 60 000-Einwohner-Stadt Orléans vor den Toren der kanadischen Metropole Ottawa. Ehemann Lars Herkströter - er stammt aus Künsebeck - arbeitet dort als Maschinenbau-Ingenieur für ein deutsch-kanadisches Unternehmen, das Hygiene-Papierprodukte herstellt.
Eigentlich war der Besuch gar nicht geplant, denn Pia hat ziemlich genau vor einem halben Jahr gleich zwei Schwesterchen bekommen - Ine und Zoe. Mit Zwillingen die beschwerliche Reise zu unternehmen, wollten sich die Herkströters eigentlich nicht antun. Der Familienvater allerdings musste plötzlich doch zum Jahresende beruflich ins Zweigwerk nach Brandenburg - und so wurden doch die Koffer gepackt. Sehr zur Freude von Omas, Opas und zwei Uromas, die natürlich hocherfreut sind, mit den kleinen Enkeln und Urenkeln Weihnachten feiern zu können. »Rechnet man die Zeitverschiebung dazu, waren wir fast 24 Stunden unterwegs«. schildert Christina Herkströter die Tortur mit Auto, Flug von Montreal nach Frankfurt sowie erneuter Autofahrt von dort nach Hörste.
Die Umstellung von der trockenen kanadischen Kälte - Schnee fehlt dort übrigens auch - ins schmuddelige Westfalen ist nur den Zwillingen nicht bekommen. Die haben sich erst einmal beide eine dicke Erkältung eingefangen und halten ihre Mama fast die ganze Nacht auf Trab. Mit ärztlicher Hilfe und viel Liebe der ganzen Großfamilie sollen sie bis Weihnachten aber wieder fit werden. Schließlich ist für den zweiten Feiertag die Taufe in der Hörster Kirche geplant. An Weihnachten - wie vor neun Jahren auch für die große Schwester Pia. Diesmal aber ist es wohl das erste Mal, dass echte Kanadierinnen in Hörste getauft werden.
»Eigentlich vermisst man in Kanada nichts«, erzählt die junge Mutter. »Wir haben nette Nachbarn, ich treffe mich regelmäßig mit deutschen Frauen in einer deutschen Kirchengemeinde in Ottawa.« Daraus seien echte Freundschaften entstanden mit gegenseitigen Einladungen oder gemeinsamem Picknick im Sommer.
Aber ganz vereinnahmen lässt sich die Hörsterin doch nicht in dem weiten und wilden Land mit seinem Völkergemisch, hält vor allem an deutschen Essgewohnheiten fest. Immer, wenn Ehemann Lars beruflich nach Deutschland muss - das passiert fast jeden Monat -, bekommt er einen Einkaufszettel mit. Zutaten zum Backen und Süßigkeiten für Pia - der sind die kanadischen zu süß - sowie die Leibspeise Milchreis stehen meist darauf. Christina Herkströter ist, wenn sie die Gastgeberin spielt, ohnehin noch eine Exotin im kanadischen Bekanntenkreis. Das aufwändige deutsche Kochen mit vielen Töpfen und Beilagen ist im Land des Ahorns relativ selten. »Man« geht dort lieber ins Restaurant.
Immerhin, schwärmt die Hörsterin, gibt es in Ottawa immer mehr Delikatessengeschäfte, in denen man gute Zutaten kaufen kann. Und es gibt einen polnischen Fleischer, der gutes Fleisch hat und sich auch auf deutsche Wurst versteht. Seine Fleischwurst sei ein echter Leckerbissen - da schmeckt man wohl auch ein bisschen Heimat.

Artikel vom 23.12.2006