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Berührendes Drama
um ein Wunderkind

»Vitus«: Seltsam beschwingte Komödie


Er träumt davon, sich einfach ins Flugzeug zu setzen, den Motor anzulassen und abzuheben - hinein in den blauen Himmel und in ein freies, ungebundenes Leben. Schon als Kind ist der hochbegabte Vitus ein Überflieger, aber seine phänomenalen musikalischen und mathematischen Talente werden irgendwann zur schweren Bürde. Es muss doch neben dem ewigen Üben und Studieren noch etwas anderes geben!
Der Schweizer Regisseur Fredi M. Murer erzählt in wohltuend ruhigem Rhythmus und mit stillem Humor die nicht immer harmlose Geschichte eines hochbegabten Kindes, das eigentlich nur als Mensch geliebt und nicht als Kuriosum bestaunt werden will. Diese seltsam beschwingte Tragikomödie scheint - natürlich auch dank der Musik - immer ein wenig über dem Boden der Realität zu schweben. Märchenhafte Elemente verbinden sich mit einer leisen, aber beharrlichen Kritik an den schier unumstößlichen Normen der Leistungsgesellschaft.
Als Kind wird Vitus (Theo Gheorghiu) von seiner ehrgeizigen Mutter (Julika Jenkins) auf Partys wie ein Zirkuspferd vorgeführt, während sein Vater (Urs Jucker) zwar Verständnis für den Jungen aufbringt, aber einfach keine Zeit für ihn hat, denn der etwas skurrile Hörgeräteakustiker ist mit seiner Karriere viel zu sehr beschäftigt. Also flüchtet Vitus immer öfter zu seinem verwitweten Großvater (großartig: Bruno Ganz), einem kauzigen Schreiner, der allein in seinem verwunschenen Bauernhaus lebt. Hier findet der Wunderknabe Ruhe. Die beiden spielen Schach, essen zusammen Nudeln, und der Einsiedler schreinert für seinen Enkel Flügel aus Holz. Und wenn Vitus gut gelaunt ist, dann lässt er seinen Opa beim Schach gewinnen.

Artikel vom 21.12.2006