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Sigrid Neudecker

»Wir 68er, die er-sten Gutmenschen, retteten die Welt. Aber dann kriegten wir Kinder und Autos und merkten, dass sich da etwas in die Quere kam.«

Leitartikel
Das »68er« Erbe 2006/2007

Hört euch um und seht euch um


Von Rolf Dressler
Vom hilflos-eifrigen Herumdoktern an den Symptomen lebt die Politik. Und es ernährt zudem wahre Heerscharen einer gigantischen staatlichen Versorgungs- und Fürsorgeindustrie, deren Bataillone schier unaufhaltsam weiter wachsen, wachsen, wachsen.
Natürlich sind materielle, physische und seelische Verwahrlosung ganzer Familien - vom noch besonders schutzbedürftigen Kleinkind bis zu Eltern, Großeltern und anderen nahen Anverwandten - in jedem Einzelschicksalsfall Mahn- und Warnzeichen der Alarmstufe Rot. Doch kaum mehren sie sich wie in diesen Vorweihnachtswochen 2006, da übertrumpfen Politiker, Verbandsfunktionäre und andere Laut-Sprecher einander schon wieder: Man fordert dringend ein Umsteuern, ruft nach Milliarden Ex- tra-(Steuer-)Geldern, sieht sich in seinen schlimmsten Befürchtungen bestätigt (auf die nur niemand je hat hören wollen).
Kurzum, Vater Staat, Volkes Lieblingsretter in allen Lebens- und Leidenslagen, soll, wo immer es irgendwo im Privaten brennt, nun auch als öffentlich bestelltes Ersatz-Familienoberhaupt, Aufseher und Betreuer einspringen.
Selbstverständlich mit sämtlichen Rechten und Pflichten, wie sie Eltern und »Erziehungsberechtigten« im normalen, selbstbestimmten Dasein aus guten Gründen aufgetragen sind.
Wohin eigentlich wird dies alles noch führen? Das fragen sich viele vor allem auch der Älteren. Ganz sicher zu kurz ist das Gedächtnis derer, die den Schwarzen Peter wieder nur wie eine heiße Kartoffel hin- und herschieben zwischen Po- litik, verdienstvollen Kinderschutz-Organisationen, Polizei und staatlicher Verwaltung.
Geradezu abenteuerlich ist der Ablenkungsversuch, den zumeist ohnehin völlig überlasteten Jugendämtern, häufig ungeprüft, die Schuld in die Schuhe zu schieben sogar auch für Entsetzlichkeiten, die Erwachsene in der eigenen Wohnung Babys und Kleinkindern antun. Die Schreckensschlagzeile dieser Tage spiegelt leider nicht nur die Statistik-Wirklichkeit wider: »Jede Woche töten Eltern drei Kinder«.
Die Ursprünge geistiger und seelischer Verwahrlosung liegen tiefer. Die meisten Urheber der verhängnisvollen glutrot-grünen »1968er« Ideologie haben sich längst aus dem Staube gemacht, oftmals auf üppig dotierte Auffangposten bis hin zu leibhaftigen Uni-Professuren (siehe Grünen-Ex-»Übervater« Joschka Fischer). Doch ihren Kindern, jedenfalls vielen der heute 30- bis 40-Jährigen, mangelt es an Bindungsfähigkeit und Bindungswillen.
Die Wegwerf-Kurzzeit-Ehe mit 150 000 bis 180 000 Scheidungen pro Jahr ist das wohl schlimmste Erbe der »68er Revolution«. Schrankenlose und bedenkenlos freie Liebe und die jederzeitige sexuelle Verfügbarkeit immer neuer Flüchtigkeits-»Partner« wirken tief zerstörerisch. Land und Leute, ja, Generationen werden daran noch kräftig zu tragen haben.
»1968« ist bestürzend gegenwärtig. Man höre und schaue sich nur um an der Schwelle von 2006 zu 2007.

Artikel vom 18.12.2006