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Leserbrief an die Lokalsport-Redaktion


»Minderheit regiert
die Mehrheit«
Der Leserbrief von Matthias Christ, bis vergangenen Sonntag Trainer der Brockhagener B-Jugend-Handballer, bezieht sich auf einen Artikel des WESTFALEN-BLATTes am 11. Dezember. Christs ehemaliger Betreuer und Spielervater Fred Diestelkamp und seine Frau hatten dem Coach u.a. »eklatante menschliche Schwächen im Umgang mit den Spielern« vorgeworfen und seine Ablösung gefordert. Sie kündigten an, im anderen Fall die Mitarbeit im Orgateam des Handball-Sommerfestes zu beenden. Als Reaktion darauf beschloss der Vorstand, die für vier Jahre geplante Zusammenarbeit mit Christ Ende der Saison vorzeitig zu beenden. Der Coach legte daraufhin sein Amt nieder.

Ich bin von Uli Deppe angesprochen worden, ob ich bereit wäre, in den kommenden vier Jahren als Trainer die männliche Jugend der Jahrgänge 89/91 zu trainieren, um diese kontinuierlich für den Übergang in den Seniorenbereich vorzubereiten.
Nach Ablauf von 18 Monaten meiner Tätigkeit werden mir nun von Fred Diestelkamp »eklatante Schwächen im Umgang mit den Jugendlichen« vorgeworfen, die zum Verlust des Spaßes am Handball geführt hätten. Zu diesem Thema gebe ich einen Einblick in den »Horrorkatalog«, dem sich die Jugendlichen seit der Vorbereitung auf die Saison unterzogen haben.
Zur Vorbereitung auf die Oberligasaison habe ich nach Rücksprache mit den Jungs die letzten beiden Ferienwochen - in denen ich mir für diesen Zweck Urlaub genommen hatte - täglich zwei- bis dreimal mit ihnen trainiert. Bis auf zwei Spieler (Urlaub bzw. Verletzung) hat keiner dieser Jugendlichen eine Trainingseinheit verpasst. Ganz im Gegenteil, spätestens 20 Minuten vor Trainingsbeginn waren die Jugendlichen in der Halle.
Auch im täglichen Training erfahren die Jugendlichen eine »Schinderei« ohne Gleichen, denn einer meiner drei Mittrainer kümmert sich um die Torhüter, einer um die Kräftigung und Koordination der Jungs, und alle drei helfen bei der individuellen Ausbildung der einzelnen Spieler. Man sieht: Kaum Zeit für die Jugendlichen, Luft zu holen. Da kann man schon den »Spaß am Handball« verlieren. Und wir vier Trainer können es auch überhaupt nicht verstehen, dass wir im Trainingsalltag eine 100-prozentige Beteiligung hatten, sieht man von verletzungs- bzw krankheitsbedingten sowie schulischen Gründen einmal ab, die auf jeden Fall vorgehen.
Ein weiterer Vorwurf ist die »fast ausschließlich negative Kritik«. Unsere Jungs bekommen sowohl Lob als auch Kritik und das im Training und auch im Spiel. Das Problem ist nur, was will ich als Eltern während eines Spieles hören. Und keiner ist im Training und Wettkampf den Spielern so nah wie wir als Trainer.
Der dritte Vorwurf bezieht sich auf meine »taktischen Entscheidungen.« Wir wissen ja alle, dass auf den Tribünen der Sporthallen jeder Besucher ein Trainer ist und alles besser weiß. Das ficht mich nicht an, denn nur ich kenne die Stärken und Schwächen jedes Einzelnen und muss diese in ein Ganzes fügen. Außerdem bin ich nicht nach Brockhagen wegen des kurzfristigen Erfolges gekommen, sondern es geht um vier Jahre Ausbildung.
Was die Familie Diestelkamp angeht, sei nur erwähnt, dass ich ihr als Zeuge in einem Verfahren gegen den behandelnden Arzt wegen YannikĂ•s Beinbruch beistehe, dass ich für ihren Sohn ein spezielles Trainingsprogramm ausgearbeitet hatte, das er unter Anleitung einer meiner Trainer neben dem Mannschaftstraining absolvierte, um nach seinen Verletzungen wieder Anschluss zu finden und dass sein Vater bis vor drei Wochen noch total engagiert seine Betreueraufgabe erfüllte.
Zum Verhalten des Vorstandes sei erwähnt, dass es ein Unding ist, ein sportlich fragwürdiges Sommerfest höher einzustufen als die Ausbildung seiner Jugendlichen. Durch ein solch kurzsichtiges Verhalten wird die Aufbauarbeit, die durch Uli Harbert und Uli Deppe eingestielt worden ist, von heute auf morgen in Frage gestellt. Und aus Erfahrung kann ich dem Vorstand nur mit auf den Weg geben, es dauert Jahrzehnte etwas aufzubauen, es genügt ein Handstreich, um alles kaputt zu machen.
Fazit: Ich hatte und habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Jungs und keine Probleme mit ihnen. Aus Frau Diestelkamps ungehörigem Verhalten mir gegenüber hat der Verein ein Trainer/Mannschaftsproblem konstruiert und trägt dies nunmehr auf dem Rücken der Jugendlichen aus. Was haben die Jugendlichen daraus gelernt? Man kann Menschen für seine Belange erpressen, und die Minderheit regiert die Mehrheit

MATTHIAS CHRIST
33334 GÜTERSLOH

Artikel vom 13.12.2006