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Happyend
nach irrer
Taschenjagd

Ehepaar sauer auf die Bahn

Von Michael Delker
Gütersloh (WB). Günter Rempe wird den Abend am Düsseldorfer Flughafen wohl nie vergessen. »Es war wie im Horrorfilm«, erinnert sich der Spexarder nur ungern an den vergangenen Freitag. Nach einem wunderschönen Marokko-Urlaub mit Ehefrau Heidi war er damit beschäftigt, sein Gepäck im Zug zu verstauen, als sich die Bahn plötzlich in Bewegung setzte. Es folgte eine irre Verfolgungsjagd mit einem glücklichen Ende.

Mehrere Wochen lang hatten sich Heidi und Günter Rempe unter der marokkanischen Sonne bestens erholt. Die Urlaubslaune wich schnell, als sie in Düsseldorf aus dem Flieger stiegen und mit der Bahn zurück nach Gütersloh wollten. Starke Sturmböen hatten den Fahrplan kräftig durcheinandergewirbelt -ĂŠerst mit 40 Minuten Verspätung kam der Regionalexpress am Flughafen an. Günter Rempe schnappte sich zwei Gepäcktaschen und hob sie in den Zug. Dann passierte es. »Ich drehte mich um, um unsere beiden Koffer zu nehmen, als plötzlich die Türen geschlossen wurden und die Bahn abfuhr. Ohne Ansage, ohne Vorwarnung - es war unglaublich«, schüttelt Rempe den Kopf.
Das Spexarder Ehepaar fackelte nicht lange und setzte sich in den nächsten ICE in Richtung Bielefeld. Dieser fuhr zwar deutlich später los, überholte jedoch auf der Strecke den Regionalexpress. »Wir kamen noch vor ihm in Bielefeld an«, erinnert sich Heidi Rempe. Dort war in der Zwischenzeit auch Sohn Frank eingetroffen, der die beiden mit dem Auto nach Gütersloh bringen sollte. Als der Regionalexpress am Bielefelder Bahnhof anhielt, machte sich die Familie auf die Suche nach den verloren gegangenen Taschen. Und für Heidi und Günter Rempe folgte der nächste Schock. Ihr Sohn befand sich noch im Zug, als sich erneut die Türen schlossen und die Bahn abfuhr. »Wir hatten kein Handy und keine Autoschlüssel. Wir standen fast mittellos da«, sagt Heidi Rempe. Bis Löhne fuhr ihr Sohn Frank, erst dann konnte er sich in ein Taxi setzen und zurück nach Bielefeld kommen.
So verflixt wie der Freitag endete, so erfreulich startete der Samstag. Plötzlich klingelte die Polizei bei Familie Rempe an der Franz-Grochtmann-Straße - in der Hand hielten die Beamten die beiden Gepäckstücke. »Unser großer Dank geht an Kirsten Bohak«, berichtet Heidi Rempe. Die Isselhorsterin hatte in Düsseldorf im Regionalexpress gelesen, als sie vernahm, wie sich eine ältere Frau beschwerte. »Jetzt stehen die armen Leute ohne Gepäck da«, rief sie. Kirsten Bohak schaute sich die Taschen an und sah, dass sie dem Gütersloher Ehepaar gehörten. »Es war ein glücklicher Zufall. Ich habe das Gepäck an mich genommen und es am Gütersloher Bahnhof der Polizei übergeben«, berichtet sie. Dafür verpasste sie sogar ihren Bus nach Isselhorst. Für die Mühen entschädigt wurde Kirsten Bohak am gestrigen Dienstag. Mit einem dicken Blumenstrauß bedankten sich Heidi und Günter Rempe bei ihr.
Der Marokko-Urlaub fand so zwar einen versöhnlichen Abschluss, doch auf die Bahn sind allesamt überhaupt nicht gut zu sprechen. »Für mich war unmöglich, dass im gesamten Regionalexpress kein Zubegleiter zu finden war. Was wäre denn passiert, wenn eine Oma ihren Enkel in den Zug gesetzt hätte und dieser abgefahren wäre?«, fragt Bohak.

Artikel vom 13.12.2006