12.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Lebensfremde«
Geschichte erzählt

Geldstrafe nach Einbruchsversuch

Steinhagen/Halle (mel). Als lebensfremd bezeichneten Richter und Staatsanwalt die »Geschichte«, die ihnen ein 27-jähriger Angeklagter auftischte. Obwohl er abstritt, im September vergangenen Jahres in den »Deppe-Grill« eingebrochen zu sein, wurde er gestern vor dem Haller Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt.

Mit mindestens einem Mittäter soll der Kosovo-Albaner, der derzeit mit einer Duldung in Deutschland lebt, am 18. September vergangenen Jahres in Steinhagen auf »Diebestour« gewesen sein. Die Polizei hatte den 27-Jährigen um 3.20 Uhr im Gebüsch hinter dem Imbiss aufgegriffen und an der Hintertür des Hauses auch eine Zange sichergestellt, mit der der Eingang aufgebrochen werden sollte.
Diese Zange wurde im Nachhinein einer DNA-Analyse unterzogen, der Sachverständige konnte gestern berichten, dass »der Angeklagte als Spurenverursacher nicht ausgeschlossen werden kann«. Ein ziemlich dürftiges Ergebnis, bemängelte der Anwalt des Angeklagten. »Das ist doch das schlechteste Ergebnis, das bei so einer Untersuchung überhaupt herauskommen kann!«
Der Angeklagte hatte die Tat von Anfang an bestritten und Richter Peeter-Wilhelm Pöld indessen seine Version erzählt, wie es zu der Verhaftung gekommen war. Der in Verl in einem Wohnheim untergebrachte Kosovo-Albaner hatte sich in Bielefeld aufgehalten und sah am späten Abend keine Möglichkeit, zu seiner Unterkunft zu kommen. Da habe er einen Russen angesprochen, ob der ihn nicht fahren könne. Der habe dann ein Taxi geholt und ihm angeboten, mitzufahren. Er habe noch etwas in Steinhagen zu erledigen und würde ihn dann nach Hause bringen lassen. In Steinhagen angekommen habe er ihn auf dem Parkstreifen vor dem Deppe-Grill abgesetzt und ihm bedeutet, zu warten. Der Russe habe sich wohl kurz mit einer Frau treffen wollen, gab der Angeklagte an. Doch kaum, dass er dort stand, habe er einen Polizisten mit einer Taschenlampe gesehen - und sich sicherheitshalber versteckt. Nicht ohne Grund, wie sein Anwalt betont. Immerhin sei der 27-Jährige schon einmal verurteilt worden, weil er sich außerhalb seines zugewiesenen Ortes befand.
Den Richter beeindruckten die Argumente jedoch wenig - er verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 1200 Euro wegen versuchten Einbruchdiebstahls. »Sie haben uns hier eine abenteuerliche Geschichte erzählt. Und dass Sie sich im Wald versteckt haben, da spricht doch das leibhaftige schlechte Gewissen.« Für ihn gebe es keinerlei Möglichkeit, dass der 27-Jährige die Tat nicht begangen habe.

Artikel vom 12.12.2006