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Integration mit Bildung fördern

Fraktionsvize Wolfgang Bosbach beim CDU-Kreisparteitag zu Gast

Von Frauke Kanbach
Kreis Gütersloh (WB). »Kommen, arbeiten, gehen« und »Integration in zweiter und dritter Generation funktioniert von selbst« sind für Wolfgang Bosbach die gravierenden Fehleinschätzungen in der Integrationspolitik in den vergangenen Jahrzehnten gewesen. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahm am Freitagabend am Offenen CDU-Kreisparteitag in Rheda-Wiedenbrück teil.

Die Veranstaltung stand unter dem Titel »Integration als gesellschaftliche Herausforderung«. Neben Bosbach konnte CDU-Kreisvorsitzender Ludger Kaup den NRW-Integrationsbeauftragten Thomas Kufen, Landrat Sven-Georg Adenauer und Bülent Arslan, Vorsitzender des Deutsch-Türkischen Forums der CDU, auf dem Podium begrüßen. Moderiert wurde die Diskussion von Hendrik Wüst, Generalsekretär der CDU NRW. In unserer heutigen Wissensgesellschaft kann die Antwort auf die Probleme und Misserfolge bei der Integration nur »Integration durch Bildung« lauten. Darin waren sich die Politiker einig. Bosbach stellte klar, dass die Herausforderung des demographischen Wandels unserer Gesellschaft nicht durch Zuwanderung bewältigt werden kann. »Aber«, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, »eine älter werdende Gesellschaft kann es sich nicht leisten, die Potenziale rechtmäßig hier lebender und aufwachsender Kinder und Jugendlicher aus Zuwandererfamilien nicht zu nutzen und zu fördern.« Die Zahl derer, die die Schule ohne Abschluss verlassen, sei bei Ausländern dreimal so hoch wie bei Deutschen. Übrigens Zahlen, die man schon vor 20 Jahren gehabt habe, wie Bosbach hinzufügte. Ludger Kaup plädierte für gleiche Chancen für alle. Das gehe nur mit dem Beherrschen der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Diese Forderung habe nichts mit »Zwangsgermanisierung« zu tun, wie Bosbach betonte. Es müsse auch hier das Prinzip gelten »Fördern und Fordern.« Bosbach: »Wer zum Sozialstaat ja sagt, muss auch zum Rechtsstaat ja sagen.« Zum Beispiel würden die Sprachkurse in der Mehrzahl nicht von denen angenommen, die sie am nötigsten hätten. Hier sprach sich der Christdemokrat für eine Verschärfung der Sanktionen und der Einbürgerungsvorschriften generell aus. Landrat Sven-Georg Adenauer berichtete, dass 20 000 Ausländer im Kreis Gütersloh leben. Davon seien 680 ausreisepflichtig, 280 von ihnen könnten Bleiberecht beantragen. Dem Rest drohe Abschiebung. Adenauer wünscht sich ein schnelleres Asylverfahren, »weil das für alle Seiten besser ist.« Er sieht sich vor allem hilflos gegenüber dem in hohem Maße gewaltbereiten Nachwuchs von Spätaussiedlern, die sich Integrationsangeboten teilweise völlig verweigern würden. Thomas Kufen stellte den von der Landesregierung beschlossenen Aktionsplan »Integration« vor. Dieser 20 Eckpunkte umfassende Plan sieht für alle Kinder verbindliche vorschulische Sprachförderung vor, um den Schulstart zu erleichtern. Man mache keinen Unterschied zwischen ausländischen und deutschen Kindern, »es sind alle unsere Kinder«. »Je weniger kulturelle Unterschiede, desto einfacher die Integration«, meinte Bülent Arslan. Als Deutsch-Türke weiß er aber auch um den Balanceakt zwischen kultureller Annäherung einerseits und Wahrung der ursprünglichen Identität andererseits. Der CDU-Politiker warnte davor, Integration nur mit Erfolg in Schule und Beruf zu messen. Er wünscht sich einen Austausch der Religionen verbunden mit der Entwicklung einer christlich-islamischen Dialogkultur.

Artikel vom 11.12.2006