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»Nadel-Inferno« in der warmen Stube

Wer seinen Christbaum zu kurzfristig kauft, kann in diesem Jahr sein blaues Wunder erleben

Von Marco Purkhart
Versmold (WB). Der Christbaum - zu Weihnachten ein gern gesehener Stamm-Gast in deutschen Wohnstuben. Und natürlich soll die grüne Zimmerzierde auch nach der Bescherung noch lange sein Nadelkleid tragen. Doch Vorsicht ist geboten: Wer seinen Baum erst kurz vor Heiligabend frisch schlagen lässt, der kann in diesem Jahr sein blaues Wunder erleben.

»Die Leute kommen in der Regel wenige Tage vor dem Weihnachtsfest, um ihren Baum auszusuchen und Frische zu garantieren«, weiß Karin Uthmann aus langjähriger Erfahrung als Christbaumverkäuferin. »Aber was eigentlich gut gemeint ist, kann dieses Mal in einem echten ÝNadel-InfernoÜ enden«, warnt die Oesterwegerin vor kurzfristigen Käufen.
Schuld daran sei in diesem Jahr das Klima. Die Tannen und Fichten hätten im Sommer viel zu wenig Regenwasser bekommen. Das mindere zwar nicht unbedingt die Qualität der Pflanzen, macht die diesjährige »Dürre-Periode« in der zehn- bis 15-Jährigen Reifezeit bis zur Fällung eines Baums doch nur einen geringen Teil aus. »Aber die Bäume haben jetzt einen nachhaltigen Durst entwickelt, den sie löschen wollen«, erklärt Uthmann.
Die ungewöhnlich milden Temperaturen und intensiven Niederschläge im Dezember bieten den Bäumen optimale Voraussetzungen, um Wasser nachzutanken. Und genau da liegt das Problem, wie Karin Uthmann verdeutlicht: »Normalerweise ist es um diese Jahreszeit kühl, wodurch die Bäume in die Winterruhe eintreten. Doch stattdessen sind sie derzeit lebendiger denn je zuvor, um ihren Nachholbedarf zu decken. Wenn wir die Pflanzen jetzt schlagen und somit abrupt aus ihren Aktivitäten reißen, ist das schon radikal. Kommen die Bäume auch noch unmittelbar danach in die gemütlich beheizte Weihnachtsstube, gibt ihnen der Temperaturschock den Rest.«
Die Folge wäre ein kompletter Nadelausfall innerhalb weniger Tage. »Und wer will solch eine Sauerei schon haben«, rät Uthmann, den Bäumen die Chance zu geben, sich an die Umstellung zu gewöhnen. Konkret sei dafür nur ein wenig Weitblick nötig: »Man sollte sich schon in diesen Tagen entscheiden, welchen Baum man haben möchte. Wir würden ihn dann frühzeitig schlagen und noch einige Tage draußen aufbewahren, damit er bei gewohnten Außentemperaturen zur Ruhe kommen kann.« Nur so könne ein »Kahlschlag« beim Grünling verhindert werden, was besonders für die schimmernde Blautanne und die günstige Fichte gelte.
Mit der Nordmanntanne seien Baumfreunde noch weiter auf der sicheren Seite. »Diese Tannenart hat nicht nur weichere Nadeln, sondern ist auch allgemein widerstandsfähiger und hält bis zu vier Wochen«, rentiere sich laut Karin Uthmann der höhere Preis in jedem Fall. Eine Meinung, die auch ihre Kunden teilen: »Die Nordmanntanne ist auch in diesem Jahr der Verkaufsschlager.« Wenn es um ein »nadelfreies« Weihnachtsfest geht, scheinen die Versmolder eben nicht an der falschen Stelle zu sparen.

Artikel vom 15.12.2006