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»Gewalt an Schulen hat nicht zugenommen«

Bielefelder Forscher warnt vor Hysterie - Koalitionsstreit um Verbot von »Killer-Spielen«


Bielefeld/Berlin (WB/bk/dpa) Die angedrohten Gewalttaten an Schulen sind ein »direkter Effekt der medialen Aufmerksamkeit, die das Thema Gewalt an Schulen in den vergangenen Monaten auf sich gezogen hat«, sagt der Bielefelder Bildungsforscher Dr. Uwe Bittlingmayer. Nachahmer nutzten die Berichterstattung als Forum, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Doch das Medieninteresse sei kein Indiz für ein gestiegenes Gewaltpotential an deutschen Schulen. Während die Berichterstattung immer mehr zunehme, sei die Zahl der Gewalttaten an Schulen seit den 70er Jahren weitestgehend konstant. Die Gewalt gegen Lehrer, auch an so genannten Brennpunktschulen, sei sogar zurückgegangen, sagt Bittlingmayer.
So erschütternd die Amokläufe und Gewaltandrohungen auch seien, sie stellten keine neue Qualität der Gewalt an Schulen dar. Vergleichbare Fälle von extremer Gewalt an Schulen habe es schon immer gegeben. »Ein nüchterner Blick auf die Statistiken zeigt, dass wir es in Deutschland nicht mit einer potentiell gefährlichen Schülerschaft zu tun haben«, sagt Bittlingmayer.
Unterdessen hat die Debatte um das Verbot von Killerspielen zu Streit in der großen Koalition geführt. Politiker von CDU und CSU bleiben bei der Forderung nach einem gesetzlichen Verbot. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte am Mittwoch ein neues Strafgesetz jedoch abgelehnt.
Ein 19-Jähriger gestand gestern vor dem Landgericht Cottbus die Tötung eines Obdachlosen nach dem Vorbild eines Computerspiels. Er habe bei der Attacke im Juli Aktionen aus einem Wrestling-Spiel nachgespielt, das er zuvor auf der Playstation eines Bekannten gespielt habe, sagte der wegen Mordes Angeklagte zum Prozessauftakt.

Artikel vom 08.12.2006