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Auf dem Sprung in die
ganz große Farbenwelt

Sennestädter forscht unter Beachtung der Fachwelt

Von Stefanie Westing
Sennestadt (WB). Wenn es um Farben geht, macht ihm keiner etwas vor. Denn Lars Ambrosius, Sennestädter Maschinenbau-Student der Fachhochschule Bielefeld, beschäftigt sich derzeit mit kaum etwas anderem als mit kräftigen Rot-Tönen, leuchtenden Blau-Schattierungen oder diversen anderen bunten Nuancen. Gemeinsam mit seinem Professor, Dr. Christoph Jaroschek, arbeitet er an einem System, das die Fachwelt aufhorchen lässt.

Der ganzen Entwicklung liegt eine recht einfache Idee zugrunde. Denn das Prinzip von »Polymatch« basiert auf der Funktionsweise eines Tintenstrahldruckers. »Der Grundgedanke ist, mit wenigen Grundfarben bunte Bilder machen zu können«, erklärt Jaroschek. »In der Kunststoffbranche verwendet man derzeit vorgefertigte Farben, die einzeln bei Lieferanten bestellt werden. Wir gehen aber davon aus, dass es möglich ist, aus wenigen Farben praktisch jede andere Tönung herzustellen. Mit vier Farben können etwa 95 Prozent eines Farbbereiches abgedeckt werden, also zum Beispiel alle Grüntöne.«
Soll am Ende ein grüner Getränkekasten herauskommen, würde Kunststoffgranulat aufgeschmolzen und während des Vorgangs durch die Zugabe von Blau und Gelb gefärbt werden können. »Wir berechnen die Farbe und berücksichtigen dabei auch die Eigenfarbe des Kunststoffes«, sagt Lars Ambrosius. Aktuell müssen Unternehmen für jeden Farbton separate Kartuschen einkaufen, wobei die Gefahr besteht, dass am Ende trotzdem nicht der erwünschte Farbton herauskommt, weil die Eigenfarbe des Kunststoffes nicht berücksichtigt wird.
Der Vorteil der neuen Idee: Man benötigt weniger Farbkartuschen und kann sogar solche Kunststoffe verwenden, die bereits in Gebrauch waren, zum Beispiel Getränkeflaschen. Dadurch, dass die Eigenfarbe berücksichtigt wird, spielt es keine Rolle, wenn sich der Kunststoff zum Beispiel durch Lichteinfluss verändert hat. In der Industrie - interessant könnte das Verfahren für alle Betriebe sein, die farbige Kunststoffe herstellen, unter anderem Automobilzulieferer - könnten sich so enorme Einsparmöglichkeiten ergeben.
Das System haben der Sennestädter Student, sein Professor und sein früherer Studienkollege Christian Nitschke in der vergangenen Woche auf der Fachmesse »EuroMold« in Frankfurt vorgestellt - mit großem Erfolg. »Wir hatten 139 Anfragen«, berichtet Lars Ambrosius. Er will nun in die große Forschung einsteigen, um das derzeitige Problem, die Farbe konstant zu halten, zu beheben. Forschungsmittel beim Bund sind beantragt, und Professor Dr. Christoph Jaroschek hält die Wahrscheinlichkeit, dass diese auch bewilligt werden, für relativ hoch. Anderenfalls, sagt er, müsste man versuchen, die benötigten 100 000 bis 150 000 Euro in der Industrie zusammenzutragen. »Nach dem Erfolg auf der Messe stehen die Chancen recht gut.«
Lars Ambrosius freut es. Zunächst will der Sennestädter, der derzeit im neunten Semester studiert, seine Diplom-Arbeit zum Thema »Polymatch« verfassen, sich nach Möglichkeit später mit seinem früheren Studienkollegen Nitschke in diesem Bereich selbstständig machen. »Wir ergänzen uns gut. Christian Nitschke war sozusagen der Kopf des Projektes, ich bin der Arm.« Und vielleicht sorgt dieser Arm ja dafür, dass demnächst Autos durch die Lande fahren, deren Kunststoffteile mit dem »Polymatch«-Prinzip ihre Farbe erhielten - unter Sennestädter Beteiligung.

Artikel vom 08.12.2006