06.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Erinnerungen auf
der Wäschewiese

Erster Rundgang durch nagelneues Miele-Museum

Von Stephan Rechlin (Text)
und Wolfgang Wotke (Fotos)
Gütersloh (WB). Der Senior gehorcht nicht. Statt brav der organisierten Führung durch das neue Miele-Museum zu folgen, hebt er hier einen Deckel, drückt dort auf einen Schalter, quetscht hinten eine Hupe. Niemand in der Besuchergruppe hat soviel Spaß an den Exponaten wie Mieles Seniorchef Dr. Peter Zinkann (77).

Der Weg hinein führt durch eine Garderobe, die wie ein überdimensionaler Wäscheschrank gestaltet ist. Unten stehen Waschmaschinen und Trockner, oben liegen weiße Frotteehandtücher in Regalen. Hendrik Breulmann aus der Bauabteilung Mieles öffnet die Schwingtür und führt die Gruppe auf die »Wäschewiese«. Rings um den grün-gelben Veloursteppich stehen Bottiche und Zentrifugen aus Holz. Mit der Fertigung solcher Kübel hatte die Zentrifugenfabrik Miele & Cie. 1899 in Herzebrock-Clarholz begonnen. Die um 1900 gebaute Buttermaschine, die »Mutter aller Waschmaschinen«, ist auch hier zu finden, zerlegt in ihre Einzelteile, um ihre Funktionsweise zu erläutern.
Ein mächtiges Panoramabild rechts und links von der Schwingtür zeigt Männer mit kurz geschorenen Köpfen, hochgekrempelten Ärmeln, konzentrierten Gesichtern und jede Menge Stahl, alles in schwarz-weiß. Hier arbeiteten Gütersloher Väter, Großväter und Urgroßväter. Bürgermeisterin Maria Unger schaut sich das Panorama lange an. »Dieses Museum ist nicht nur ein Juwel für die Firma Miele. Es ist ein riesiger Gewinn für die ganze Stadt«, sagt sie schließlich.
Das wusste die Initiative »Deutschland - Land der Ideen« schon vor einem Jahr. Sie erkor das Miele-Museum zu einem von 365 Orten in Deutschland, die für besondere Ideen und Innovationen in diesem Land stehen. Damals wurde die Eröffnung auf einen Tag im Dezember 2006 terminiert. »Wir sind froh, dass wir es geschafft haben. ein völlig neues Miele-Museum rechtzeitig für die Öffentlichkeit fertig zu stellen«, sagte Dr. Markus Miele in seiner Ansprache. Sein Kompagnon Dr. Reinhard Zinkann erläuterte die ungewöhnliche, innovative Weise, in der Miele das neue Museum schuf. Statt ein etabliertes Architekturbüro zu beauftragen, nutzte Miele die Kreativität der Fachhochschule Lippe und Höxter in Detmold. Studierende des Fachbereichs Innenarchitektur entwickelten unter Anleitung ihrer Professorin Eva Filter »Ideen für das neue Miele- Museum«, die sowohl den Innen- als auch den Außenbereich einbezogen. Neben dem Museum wurden das gesamte Forum und der Haupteingang neu gestaltet.
Über Geld spricht Miele nicht. Die mögliche Höhe der Investition ist jedoch aus der Höhe der Augenbrauen von Dr. Rolf Westheider, dem Leiter des Gütersloher Stadtmuseums beim Rundgang ablesbar: »Modernste Museumstechnik. Bildschirme, Animationen, elektronische Stelen, die über Videostreifen alles in einen zeitgeschichtlichen Zusammenhang stellen. Ich werde neidisch«, sagt er schmunzelnd.
Der Senior aber hält sich nicht mit der Museumselektronik auf. Er erläutert seinen Gästen lieber die Funktionsweise des »Saxonette«-Motors, des ersten Miele-Fahrrades. Nach diesen Funktionsprinzipien wurden später nämlich Motoren für Waschmaschinen gebautÉ

Artikel vom 06.12.2006