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Den Externsteinen droht der Verfall

Besucherzahl um 15 Prozent zurückgegangen - für neue Forschungen fehlt das Geld

Von Dietmar Kemper
Detmold (WB). Touristen lassen die Externsteine bei Detmold zunehmend links liegen. Schauten sich 2005 noch eine Million Menschen das bedeutende Natur- und Kulturdenkmal Mitteleuropas an, waren es in diesem Jahr 15 Prozent weniger. Die lippische Forstverwaltung spricht von einem »Einbruch«.
Die Externsteine gelten als bedeutendes Naturdenkmal. Foto: Stefan Hörttrich

Für die Schutzgemeinschaft Externsteine mit 90 Mitgliedern aus OWL kommt der Niedergang nicht überraschend. »Das Umfeld verkommt, die Felsengruppe wird schlecht präsentiert«, sagte Vorstandsmitglied Kurt-Uwe Förster gestern dieser Zeitung. Die Gaststätte sei renovierungsbedürftig, die Besucherführung mangelhaft und die Spielgeräte seien kaputt. Eine Info-Tafel fehle ganz, beklagt Förster. Weil es in Lippe »kein anderes Thema mehr gibt als die Varus-Schlacht«, drohten die Externsteine zu verkommen. Zu allem Überfluss sei der Landesverband Lippe wegen der Affäre um ihren Vorsteher Joachim Bünemann »mit sich selbst beschäftigt«.
Obwohl das Hermanns-Denkmal in Detmold im vergangenen Jahr mit 480 000 nur halb so viele Besucher anzog, wird es bis 2009 »fit für das Jubiläum 2000 Jahre Varus-Schlacht« gemacht, wie es Bünemann im November 2005 verkündete. Mit 1,1 Millionen Euro soll »Hermanns Park« errichtet werden: mit Camping- und Erlebnisspielplatz, Biergarten, Besucherleitsystem, Multimedia-Schau, begehbarer Dauerausstellung, größeren Parkflächen, einem archäologischen und historischen Rundwanderweg. Zudem wurden Pläne für eine Waldbühne mit 1000 Sitzplätzen vorgestellt.
Angesichts dessen könnte die Schutzgemeinschaft Externsteine neidisch werden. Sie kann nicht einmal mehr das Geld für weitere Forschungen am imposanten lippischen Wahrzeichen aufbringen. Dabei hatte das Projekt »Lumineszenzdatierung« der Forschungsstelle Archäometrie bei der Heidelberger Akademie der Wissenschaften sogar international für Aufsehen gesorgt. Mit der Thermolumineszenz-Methode bestimmten die Wissenschaftler eineinhalb Jahre lang das Mindestalter der Grotten, indem sie den Zeitpunkt ermittelten, an dem die Quarz- und Feldspatkörner im Sandstein zuletzt erhitzt wurden.
Entgegen den bisherigen Erkenntnissen erbrachte die Untersuchung der Bohrkerne aus der branderhitzten Decke der Kuppelgrotte ein höheres Alter: Sie wurde damit mindestens schon im Frühmittelalter angelegt, und nicht erst um 1100. Mit 32 000 Euro finanzierte die Schutzgemeinschaft Externsteine das Gros der Kosten von etwa 50 000 Euro selbst. Eigentlich sollten die Forschungen zum Alter fortgesetzt werden, aber »finanziell ist das jetzt nicht machbar«, bedauerte Förster gestern. Im Frühjahr 2007 erscheint das Buch zur Lumineszenzdatierung an den Externsteinen. Mit dem Werk im Gepäck will die Schutzgemeinschaft die Stiftung Denkmalschutz und die Volkswagen-Stiftung um Geld für weitere Untersuchungen bitten. Die Bearbeitungsspuren (etwa durch Meißel) seien genauso wenig analysiert wie die Bildsprache des Kreuzabnahmereliefs, sagte Förster. Kunstgeschichtler und die Abteilung für historische Bauforschung des Bergbaumuseums Bochum könnten die Lücken schließen.
Förster wünscht sich vom Land NRW, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe und dem Landesverband Lippe ein Bekenntnis zu den Externsteinen. Die Forschungen dort werden weitergehen, sagte Kreisarchäologin Elke Treude vom Lippischen Landesmuseum gestern dieser Zeitung. Wann und wie stehe aber nicht fest.

Artikel vom 06.12.2006