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Kontaktmann packt aus

Scaramella: »Bin vergiftet« - Ermittlungen in Moskau

London/Moskau (dpa/Reuters). Der Kontaktmann des vergifteten Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko, der italienische »Sicherheitsberater« Mario Scaramella, will »auspacken«. Der 36-Jährige, der derzeit in einem Londoner Krankenhaus liegt, ist nach eigenen Angaben mit einer tödlichen Strahlendosis vergiftet worden.
Mario Scaramella hofft zu überleben, »um alle Dinge, die über mich geschrieben werden, zu widerlegen.«
»In meinem Körper befindet sich eine Polonium-Menge, die fünf Mal über der tödlichen Dosis liegt«, sagte Scaramella am in einem Telefoninterview des italienischen Fernsehens RAI.
Scaramella hatte sich mit Litwinenko am 1. November in einer Londoner Sushi-Bar getroffen. Kurz darauf erkrankte Litwinenko. »Meine Vergiftung kann mit Informationen zusammenhängen, die Litwinenko mir seit Monaten zukommen ließ«, hatte Scaramella bereits zuvor erklärt. Er hoffe zu überleben, »um alle Dinge, die über mich gesagt und geschrieben werden, zu widerlegen.«
Britische Polizisten sind gestern für Ermittlungen im Fall Litwinenko nach Moskau gereist. Das teilte Innenminister John Reid in Brüssel mit. Russland erklärt, die notwendigen Visa seien erteilt worden. Reid sagte am Rande der Innenminister-Tagung der Europäischen Union (EU), die Ermittlungen würden fortgesetzt, und zwar unabhängig von diplomatischen oder anderen Erwägungen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte in Moskau, der Fall sei unverhältnismäßig aufgebauscht worden. Dies sei inakzeptabel und schade den russisch-britischen Beziehungen. Beide Regierungen seien aber der Ansicht, dass der Tod Litwinenkos nicht in die Politik gezogen werden sollte. Der mit dem radioaktiven Polonium 210 vergiftete Litvinenko, ein vehementer Kritiker von Präsident Wladimir Putin, hatte von seinem Sterbebett aus die russische Regierung beschuldigt, sie habe seine Ermordung befohlen.
Russland wies diesen Vorwurf zurück und bot den britischen Behörden eine enge Zusammenarbeit bei den Ermittlungen an. Die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass berichtete, britische Polizisten würden in Moskau mehrere russische Bürger befragen, die sich am 1. November in London aufgehalten hätten - dem ersten Tag von Litwinenkos Erkrankung. Litwinenko traf sich an diesem Tag mit anderen Russen im Londoner Millennium Hotel.
Einer von ihnen, Andrej Lugowoi - wie Litwinenko früher beim Geheimdienst KGB - erklärte, dass er sich zusammen mit dem Geschäftsmann Dimitri Kowtun mit Litwinenko an dem Tag getroffen habe. Er habe jedoch nichts mit dem Tod Litwinenkos zu tun.

Artikel vom 05.12.2006