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»Den Glauben im Alltag leben und
mehr über den Glauben reden«

Pfarrerin Christa-Marlene Staschen gestern beim Kamingespräch

Werther (dh). »Wenn ich gewusst hätte, dass meine Stelle nur zu 50 Prozent neu besetzt wird, wäre ich vielleicht nicht in Altersteilzeit gegangen«, sagt Pfarrerin Christa-Marlene Staschen heute. Die Pastorin war gestern im Haus Tiefenstraße zu Gast, um im Rahmen der Kamingespräche über die Zukunft der Kirche zu sprechen.

»Kirche - ein Auslaufmodell?«, so der Titel des Nachmittags. Im Zusammenhang mit den »Herausforderungen in schwieriger Zeit« spielt die Finanzmisere der Evangelischen Kirche Deutschlands und der Gemeinden vor Ort eine bedeutende Rolle. Die Ev. Kirchengemeinde Werther hat in den vergangenen Jahren dank der Kirchmeisterin Margret Rüter zwar gut gewirtschaftet, lebt inzwischen aber auch vom »Sparkonto«. »2004 hatten wir noch eine Rücklage von einer Millionen Euro«, erklärte Staschen gestern. 2005 aber habe die Gemeinde ein Defizit von 125 000 Euro eingefahren, 2006 liege es voraussichtlich bei 113 000 Euro.
Das Kirchensteuer-Einkommen liegt laut Christa-Marlene Staschen bei 335 000 Euro. Allein 73 930 Euro würden jährlich in die Kindergärten investiert, 74 000 Euro in die Jugendarbeit. Wie und wo kann die Kirche Geld einsparen? Dazu habe die Gemeinde ein Gremium mit Mitarbeitern und Presbytern gegründet. »Wir haben bei 7 000 Gemeindegliedern zwei Kirchen, drei Gemeindehäuser, drei Kindergärten, eine Altentagesstätte, 50 hauptamtliche Mitarbeiter. Da muss man sich die Frage stellen: Wie geht das weiter?«, sagte die Pfarrerin, ohne konkrete Beispiele für mögliche Streichungen oder Schließungen zu nennen. Aber: »Ich glaube nicht, dass alle Gebäude gehalten werden können«, erklärte sie, dass man auch nach anderen Nutzungsmöglichkeiten gucken müsse. Ein Restaurant in der Kirche, so betonte die Pfarrerin, sei für sie allerdings keine Alternative.
In allen Überlegungen stünde die Verkündigung des Evangeliums an erster Stelle, betonte Staschen. Sie fragte die knapp 40 Zuhörer, was die Kirche verändern könnte, um die Botschaft unter die Menschen zu bringen. »Früher war die Kirche zwar autoritär, doch das Wort Gottes kam in den Familien vor«, erklärte die Pastorin, was sie heute oft vermisst. Die Menschen hätten sich zurückgezogen in ihre Individualität, Gottesdienste würden nicht mehr besucht. »Auch weil das Angebot größer geworden ist«, so Christa-Marlene Staschen.
Bei aller Wirtschaftlichkeit und Rationalität darf aus Sicht der Pfarrerin nicht vergessen werden: »Wo evangelische Kirche draufsteht, muss auch evangelische Kirche drin sein.« Ein Gebet am Morgen, eine Losung am Tag - »Man muss in seinem Leben den Glauben auch leben«, fordert Staschen. Und: »Wir müssen über unseren Glauben reden, sonst zeigen uns andere Gruppen, wie es geht«, warnte sie.

Artikel vom 05.12.2006