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Piums Ärzte und Apotheker
üben den Schulterschluss

Einstimmig gegen die Pläne zur Gesundheitsreform

Borgholzhausen (HHS). Die Ärzte und Apotheker Borgholzhausens haben sich gestern dem bundesweiten Protesttag gegen die Gesundheitsreform angeschlossen. Anders als in weiten Teilen des Landes blieben Praxen und Geschäftsräume jedoch geöffnet, wurde vielmehr die Mittagspause zu einer Informationsrunde im Hotel Meyer genutzt.

»Wir stehen solidarisch zu allen, die heute in Bielefeld auf die Straße gehen und protestieren. In Borgholzhausen haben wir uns aber dazu entschlossen, unsere Patienten zu versorgen«, erklärte Dr. Hans Scheller. Der Allgemeinmediziner übte zusammen mit seinen Kollegen Dr. Ulrich Tiwisina, Dr. Barbara Peters und Michael Gödeke sowie den Apothekern Jochen Zinnel (Zieglersche Apotheke) und Renate Manns (Westfalen-Apotheke) den Schulterschluss. Darüber hinaus waren einige interessierte Piumer Bürger gekommen, um sich die Argumente von Medizinern und Pharmazeuten anzuhören.
Die Hauptkritik an den Plänen von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sich in den vergangenen Monaten seitens der Protestierenden nicht wesentlich geändert: Aufgrund wachsender Bürokratisierung sei für die Patienten weniger Geld da. »Die Leistung steht nicht mehr im Vordergrund, wichtiger sind mittlerweile die Preise«, sagte Renate Manns. Immer stärker in die Kritik gerät die Vorgehensweise der Politik. Keinerlei Signale kämen aus Berlin, würden Ärzte und Apotheker sogar auf die leichte Schulter genommen. Dr. Scheller: »Frau Schmidt sagt, wir hätten keine Argumente, würden nur allgemein kritisieren.«
Um der Ministerin den Wind aus den Segeln zu nehmen, legten die Gegner der so genannten Gesundheitsreform ein zehnseitiges Papier vor, in dem sie mit den »Behauptungen« der Bundesregierung aufräumen. Danach sinke der Bundeszuschuss von jährlich 4,2 auf 1,5 bzw. 3 Milliarden Euro, verhindere die Regierung einen Wettbewerb innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung oder sei eine flächendeckende Versorgung der Patienten nach den geplanten Regelungen nicht mehr möglich.
Wie das Gesundheitswesen dagegen Geld sparen könnte, darauf wiesen die Apotheker hin. Würden Medikamente wie Lebensmittel mit sieben und nicht, wie vom 1. Januar an, mit 19 Prozent besteuert, beliefe sich das auf eine Ersparnis von drei Milliarden Euro für Patienten und Krankenkassen pro Jahr.
»Tritt die Gesundheitsreform aber wie geplant in Kraft, müssen die Apotheken einen Zwangsrabatt in Höhe von 500 Millionen Euro tragen, falls Arzneimittelhersteller und Krankenkassen keine Preisvereinbarungen und Rabattverträge in dieser Höhe aushandeln können oder wollen«, sagte Jochen Zinnel.
Dass die monatelangen Proteste sie noch keinen Schritt nach vorne gebracht haben, enttäuscht Ärzte und Apotheker, die Hoffnung haben sie aber noch nicht aufgegeben. Dr. Barbara Peters: »Die Patienten haben es verstanden. Und sie sind es schließlich, die Merkel, Müntefering und Schmidt wiederwählen sollen.«

Artikel vom 05.12.2006