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Bielefelder Trainer-Theater:
Das Pokerspiel geht weiter

Dortmund sucht neuen Coach - Thomas von Heesen bleibt oben auf der Liste

Von Werner Jöstingmeyer
Bielefeld (WB). Die 90 Minuten gegen Bayer Leverkusen wurden zur Nebensache. Schließlich hatte gut 100 Kilometer von der SchücoArena entfernt Dortmunds Geschäftsführer Joachim Watzke nach dem Spiel gegen Wolfsburg eine Presseerklärung angekündigt.

Sofort schossen in Bielefeld wieder die Spekulationen ins Kraut. Wird Thomas von Heesen Nachfolger des BVB-Kollegen Bert von Marwijk? Präsident Hans-Hermann Schwick trat völlig entspannt vor das Radio-Mikrophon: »Das ist Kaffeesatz-Leserei. Wir halten uns an die Abmachungen und sagen dazu öffentlich nichts mehr.«
Die selben Sender, die gleichen Fragen, aber immer wieder andere Reporter. Und das Thema nervte. Zumindest die direkt Betroffenen vom DSC Arminia. Man müsse nicht immer wieder kommentieren, was völliger Unfug sei, raunzte Finanz-Geschäftsführer Roland Kentsch die Berichterstatter von ARD und ZDF nach der Partie gegen Leverkusen an.
Dabei wollten die Fernsehjournalisten lediglich auf Ballhöhe bleiben, nachdem ihnen die im Ruhrgebiet erscheinende Tageszeitung »Westfälische Rundschau« eine neue Steilvorlage lieferte. Dort hatte es unter Berufung aus Bielefelder Vorstandskreise geheißen, dass es längst beschlossene Sache sei, dass Thomas von Heesen zur neuen Saison den Dortmunder Coach Bert von Marwijk beerben werde. »Eine Unverschämtheit«, ereiferte sich das Bielefelder Führungsquartett. »Mit uns hat niemand gesprochen.«
Die Gerüchteküche brodelt seit vielen Wochen und das Thema ist in der Tat nicht neu. Mal ist es Hamburg, mal ist es Dortmund wo der DSC-Trainer die Nachfolge der Kollegen antreten soll. Erfolgreicher und attraktiver Fußball weckt eben Begehrlichkeiten. Wie vor zwei Jahren im Fall Uwe Rapolder. Einziger Unterschied: Der 1. FC Köln und dessen Präsident Wolfgang Overath »balzten« damals sehr offensiv um die Gunst des »Erfinders des Vertikalspiels«. Zur Erinnerung: Seinerzeit glaubten Arminias Vorstandsherren bis zuletzt, dass Rapolder seinen Vertrag in Bielefeld erfüllen werde. Doch der »Holzmichl-Liebhaber« hatte sich eine Ausstiegssklausel in den Vertrag schreiben lassen und 300 000 Euro Ablöse versüßten Arminias Abschiedsschmerz.
Von Heesens Vertrag läuft bekanntlich am Saisonende aus. Ursprünglich hatten sich Trainer und Verein geeinigt, in der Winterpause miteinander verhandeln zu wollen. Plötzlich preschte der DSC-Coach vor und forderte eine frühere Entscheidung. Arminia schaltete auf stur und verlangte erstmal »Thommys Reifeprüfung«, sprich die Fußballlehrer-Lizenz. Als der Druck der Öffentlichkeit größer wurde, ruderte der DSC zurück und war plötzlich zu Gesprächen bereit. Doch fortan spielte »Jedermanns Liebling« von Heesen auf Zeit. Immer mehr nahm die Bielefelder Trainerdebatte groteske Züge an. Zumindest auf einen gemeinsamen Nenner hatten sich alle Beteiligten kürzlich geeinigt: »Wir reden zwar miteinander, aber in der Öffentlichkeit nicht mehr übereinander.« Nägel mit Köpfen sollen endgültig nach von Heesens erfolgreichem Fußballlehrer-Diplom eingeschlagen werden.
Derweil gab Dortmunds Joachim Watzke die Trennung von Trainer von Marwijk bekannt und versicherte, dass man auch über Thomas von Heesen nachdenken werde, der aus einem kleinen Reservoir von Spielern respektable Leistungen herausgekitzelt habe.
Nach der Pressekonferenz ergriff von Heesen am Samstag die Flucht. Die erneute Fragerei nach seinen Zukunftsplänen und einem möglich Engagement in Dortmund beantwortet er unwirsch: »Ich habe überhaupt keinen Nerv, das zu kommentieren. Ich habe weder in Dortmund noch woanders unterschrieben. Außerdem lasse ich mich nicht unter Druck setzen.« Die DSC-Fans hatten während der Magerkost gegen Leverkusen lautstark abgestimmt. Immer wieder riefen sie den Namen Thomas von Heesen und der Trainer winkte freundlich zurück. Treffender Kommentar des ARD-Reporters: »Eine bevorstehende Trennung sieht sicherlich ganz anders aus.«
Sportseite 3: Am Saisonende
muss van Marwijk gehen

Artikel vom 04.12.2006