04.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hisbollah-Protest legt
weite Teile Beiruts lahm

Demonstranten wollen Sturz der Regierung erzwingen

Beirut (Reuters). Im Libanon ist auch am Wochenende ein Ende des Machtkampfs nicht in Sicht gewesen. In der Nacht zum Sonntag campierten Tausende Demonstranten zum zweiten Mal in Folge im Zentrum von Beirut.

Am Samstag legten die Anhänger der pro-syrischen Opposition Teile der sonst pulsierenden Hauptstadt lahm. Die Demonstranten kündigten an, sie würden so lange ausharren, bis sie den Sturz der Regierung erzwungen hätten. Ministerpräsident Fuad Siniora zeigte sich aber entschlossen, dem Druck der Straße nicht nachzugeben.
Er erhielt Rückendeckung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, von Großbritannien und den USA. »Wir versichern den Libanesen, dass bald ein Wechsel kommt«, sagte der Hisbollah-Abgeordnete Hussein Hadsch Hassan von der Zeltstadt aus dem Fernsehen der Schiiten-Miliz. »Wir werden eine nationale Einheitsregierung erreichen.« Bei einer Demonstration am späten Samstagabend riefen die Oppositionellen »Beirut ist frei, Siniora raus«.
Die Hisbollah, die von Syrien und dem Iran unterstützt wird, bezeichnet Sinioras Regierung als eine Marionette der USA. Die anti-syrischen Kabinettsmitglieder werfen der Opposition hingegen vor, einen Staatsreich zu versuchen. In Beirut wurden Regierungsgebäude mit Stacheldraht und Metallgittern abgesperrt. Die Demonstranten schlugen ihre Zelte in Hörweite des Regierungssitzes auf, der faktisch zur Residenz von Ministerpräsident Siniora geworden ist. »Wir lassen die Minister nicht schlafen, wir stören sie mit unserem Lärm«, sagte ein 20-jähriger Student aus dem Süden des Landes. »Wir haben die Ausdauer, nicht nur einen Monat, sondern ein oder zwei Jahre hier zu bleiben.« Die Demonstranten blockierten Parkplätze, Straßen und Plätze, die zum Regierungssitz führen.
Nach Gesprächen mit Siniora sagte Steinmeier, die libanesische Regierung sei aus einer Wahl hervorgegangen und verfüge im Parlament über eine Mehrheit. Wer Demokratie erhalten wolle, dürfe nicht zulassen, dass diese Regierung »von der Straße in Frage gestellt wird«. Es sei jedoch noch kein Ausweg aus der Krise erkennbar.
Den Einsatz der Deutschen Marine vor der Küste Libanons könne aber fortgesetzt werden, sagte der Minister. Heute will Steinmeier nach Syrien reisen, wo er sich um eine Wiederbelebung des Nahost-Friedensprozesses bemühen will.
Steinmeier besuchte gestern den deutschen UN-Marine-Verband. Dabei informierte er sich bei einer Fahrt auf der Fregatte »Brandenburg« über den seit Mitte Oktober laufenden ersten Marine-Einsatz der Vereinten Nationen vor dem Libanon, bei dem Deutschland das Kommando hat.
Die Marine beteiligt sich mit acht Schiffen und bis zu 2400 Soldaten an der UNIFIL-Mission, die den Waffenschmuggel in den Libanon unterbinden soll.

Artikel vom 04.12.2006