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Lust auf Lebkuchen macht Pium berühmt

Familie Knaust setzt 176-jährige Tradition als Leb- und Honigkuchenbäcker erfolgreich fort

Von Frauke Kanbach
Borgholzhausen (ka). Der Duft von Koriander, Ingwer, Nelken und Muskat steigt einem beim Betreten des geschichtsträchtigen Gründerhauses aus dem Jahre 1848 in der Freistraße 23 in die Nase. Es ist der Sitz der 1830 von Johann Heinrich Schulze gegründeten Leb- und Honigkuchenbäckerei. Noch heute werden hier nach überlieferten Rezepturen hergestellte Spezialitäten im nostalgischen Kolonialwarenladen verkauft.

In fünfter Generation leitet Schulzes Ururgroßenkel Peter Knaust das Borgholzhausener Traditionsunternehmen heute unter dem Namen Schulze Ladencafé GmbH. »Man wird in diesen Duft hineingeboren und mit ihm groß«, erzählt der 52-Jährige bei einem Rundgang durch den Verkaufsladen und das Ladencafé. Mit einem Blick an die Wände, wo Bilder und Fotos seiner Vorfahren hängen, wird deutlich, dass hier Name und Tradition verpflichten. Mit der Heirat von Johann Heinrich Schulzes Tochter Alma mit Schulzes Gesellen Carl Knaust ist ein familieninterner Namenswechsel vollzogen worden.
Doch beide hatten Rezeptbücher hinterlassen, nach deren Tradition auch heute gebacken wird. In dem Büchlein des Urgroßvaters von Peter Knaust ist beispielsweise zu lesen, dass dieser in der ersten Januarwoche 1871 bereits 720 Pfund Honigkuchenteig verbacken hat. Knaust: »Die Maschinen heute schaffen eine Stundenleistung von 250 bis 300 kg.« Dies sei für ihre Marktausrichtung völlig ausreichend, wie der Geschäftsführer betont. Schulze ist spezialisiert auf die Produktion von Kleinmengen und Nischenprodukten, wie beispielsweise Kekse mit Rohstoffen aus kontrolliert ökologischem Anbau. Produziert wird nach Auftrag und nicht auf Lager. In der Firma sind im Verkauf und in der Produktion 30 Mitarbeiter beschäftigt.
Auch in der »Lebkuchenfabrik« duftet es herrlich nach dem braunem Gebäck. Mehr als 100 Produkte werden hier hergestellt und nach Deutschland sowie in die Nachbarländer Niederlande, Frankreich, Österreich und Schweiz vertrieben. Zu Zeiten seines Urgroßvaters habe man sogar Waren in die USA geliefert,erklärt Peter Knaust. Doch die Bedingungen dafür seien heute zu kompliziert geworden. Gerade werden in der 150 Meter langen Produktionsstraße Vollmilchnussprinten ausgeformt, gebacken, veredelt und getrocknet. 45 Minuten dauert es, dann ist das Endprodukt fertig und wird verpackt.
Bis Mitte Dezember wird voll produziert, danach die Herstellung heruntergefahren, aber nicht eingestellt. »Denn Lebkuchen ist eigentlich ein Ganzjahresgebäck«, betont Knaust, der viel zur Geschichte des Lebkuchens weiß. So erklärt er, dass die Lust am Süßen wegen des teuren Honigs früher den Adligen und Wohlhabenden vorbehalten gewesen sei. Erst als man dank der Zuckerrübe in der Lage gewesen sei, Gebäck auch anders zu süßen, seien auch die einfachen Leute in den Genuss gekommen. Wobei Lebkuchen vorwiegend auf Jahrmärkten wie dem Send in Münster angeboten wurde. Knaust zeigt stolz die Kiepe seines Ururgroßvaters, mit der dieser zu den Märkten zog.
Die Attraktivität der Ware steigerte sich mit den bunten Verzierungen aus Zuckerguss. In der »Kreativabteilung«, wie der Chef liebevoll die Mitarbeiterinnen nennt, die für diese Verschönerung zuständig sind, werden Lebkuchenherzen unterschiedlichster Größe nach individuellen Wünschen der Kunden mit Zuckerguss verziert.
In unterschiedlichsten Mengen bietet Schulze seine Produkte jetzt vor Weihnachten an. In der Deele kann Lebkuchengebäck gleich eimerweise gekauft werden. Wer zuvor kosten möchte, kann dies im Ladencafé tun. Peter Knaust hat drei Kinder, die ebenfalls mit dem Duft von Lebkuchen in der Nase groß geworden sind. Von daher ist dem Inhaber und Geschäftsführer um die Fortsetzung der Familientradition als Leb- und Honigkuchenbäcker nicht bange.

Artikel vom 02.12.2006