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Praxen zu:
Ärzte-Streik am Montag

Auch viele Apotheken schließen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Paderborn (WB). In Ostwestfalen-Lippe gehen am Montag Ärzte, Psychotherapeuten und Apotheker aus Protest gegen die Gesundheitsreform gemeinsam auf die Straße.

Die meisten Praxen bleiben geschlossen, viele Apotheken schränken ihre Öffnungszeiten ein und in Krankenhäusern ist Dienst nach Vorschrift geplant. »Die Bürger werden am Montag sehen und spüren, wie die medizinische Versorgung nach Inkrafttreten der neusten Gesundheitsreform aussehen wird«, sagte Dr. Ulrich Thamer, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe gestern dieser Zeitung.
Die freie Arztwahl werde eingeschränkt, die Praxis um die Ecke werde es nicht mehr geben - es werde schlechter, teurer und unsicherer. Thamer: »Die Reform richtet sich in noch nie da gewesener Weise gegen die Interessen kranker Menschen, gegen Ärzte und gegen viele andere Gesundheitsberufe.« Symbolisch würden die Ärzte ihre weißen Kittel an den Nagel hängen, Untersuchungen und Behandlungen mit einfachsten Mittel durchführen sowie in den Praxen das Licht ausschalten.
In den Krankenhäuser wird es am Montag nach Angaben der Krankenhaus Gesellschaft NRW aktive Mittagspausen und vorübergehende Schließungen geben. Auf jeden Fall werde eine Notfallversorgung sichergestellt, sagte der Sprecher der Krankenhaus Gesellschaft, Lothar Kratz dieser Zeitung.
Eine zentrale Großdemonstration für ganz Ostwestfalen-Lippe wird es am 4. Dezember in Bielefeld geben. Erwartet werden mehrere 1000 Ärzte. Nach einer Rede des Ärztekammer-Präsidenten Theodor Windhorst (Bielefeld) setzt sich um 13.30 Uhr der Demonstrationszug durch die Innenstadt in Bewegung. Die Abschlusskundgebung findet in der Stadthalle statt. Viele Apotheken wollen an diesem Tag von 10 bis 16 Uhr schließen. Ein Notdienst soll eingerichtet werden.
Die Ärzte in Minden, Bad Oeynhausen, Herford, Paderborn und Lippe wollen an der »Kittelaktion« teilnehmen. Die Kittel sollen im Dezember mit anderen Ärztekitteln aus ganz Deutschland nach Berlin geschickt werde. 12 000 Kittel sollen den Politikern vor Augen führen, wie viele Mediziner ins Ausland abgewandert sind. In Bünde haben die Ärzte ihre Patienten aufgefordert, ebenfalls an der Demonstration in Bielefeld teilzunehmen.
Alle Streikaktionen werden von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe unterstützt. Die Rationalisierung von Leistungen für die Patienten habe schon heute ein unerträgliches Maß erreicht und werde auf dem Rücken der Mediziner ausgetragen, sagte Thamer. Kliniken, Arztpraxen, die weiterhin eine gute Versorgung bieten wollten, würden mit einem immer engmaschigeren Netz von Bürokratie, Kontrollen und Strafen überzogen.

Artikel vom 30.11.2006