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Ausgezeichnet: Que Du Luu

Von Laura-Lena Förster
Sie könnte einfach über sich selbst schreiben. Que Du Luu, Studentin und Autorin, hat in ihren 33 Lebensjahren viel erlebt. Gerade in den ersten. Ihre Eltern - beide Chinesen - flüchteten mit ihr aus Cholon/Vietnam Ê- ihrem Geburtsort - über Singapur nach Thailand. Die Endstation: Herford. Mit ihrer Biografie fange sie erst jetzt an, sich auseinanderzusetzen, sagt Que Du Luu. Ausgezeichnet sind ihre Veröffentlichungen auch so: Am 27. Februar 2007 verleiht ihr die Robert-Bosch-Stiftung einen Literatur-, den Adelbert-von-Chamisso-Preis.

Que Du Luu schafft es, gleichzeitig Romane und Hausarbeiten für ihre Fächer Germanistik und Philosophie zu schreiben. Eine Frage der Zeit und auch, wie schnell man als Autorin umschalten kann von der Umgangs- zu einer wissenschaftlichen Sprache. Seit Mitte 2002 legt sie den Hebel bewusst um, springt zwischen den Schreibstilen hin und her. »Das war so eine Phase, in der ich mich ge-  fragt habe, was ich eigentlich will«, sagt sie. Que Du Luu wollte schreiben. Sie erinnerte sich, schon als Schülerin als Berufsziel »Autorin« angegeben zu haben, »obwohl ich da noch gar nicht richtig geschrieben habe«.
Das »richtige« Schreiben begann mit Kurzgeschichten und wenige Monate später mit »Totalschaden«, ihrem Debütroman. Im Mai 2003 war er fertig. Als Entwicklungsroman sieht ihn seine Autorin, der Protagonist Patrick verändert sich, räumt auf mit seiner Vergangenheit, stellt sich seinen Schwächen und denen anderer, insbesondere seiner Mutter.
Wie kann es sein, das Menschen, die sich in der Psychiatrie befinden, keinen Besuch von ihren Angehörigen bekommen? Que Du Luu hat sich genau das durch den Kopf gehen lassen, nachdem sie ein Jahr lang als Nachtwächterin eben in der Psychiatrie gejobbt hatte. »Totalschaden« zeigt eine - fiktive - Möglichkeit, warum Angehörige fern bleiben. Ein Ausschnitt aus dem Leben des Jurastudenten Patrick.
Am Anfang stand der Satz, der erste: »Meine Mutter war schon immer komisch gewesen, aber niemand hatte mir geglaubt, selbst Vater nicht.« Dieser Satz sei sofort da gewesen, sagt Que Du Luu. Wie die Geschichte ausgehen solle, das wusste sie dagegen nicht auf Anhieb. »Ich habe die Personen einfach machen lassen. Irgendwann entwickeln sie ihren eigenen Kopf.« Oder: Die Autorin folgt einem Impuls. In einer Szene rastet Patrick völlig aus, als er bei seiner Nachbarin ein Einstein-Poster an der Wand entdeckt. »Das war so nicht geplant«, entschuldigt sich diejenige beinahe, die das Poster mit ihren Worten dort angebracht hat.
Wie bei vielen anderen Autoren auch, sind ihr die besten Einfälle nachts gekommen. »Dann fließt es besser«, sagt Que Du Luu. Morgens sei mehr der kritisch-logische Verstand wach, um das Geschriebene zu überarbeiten. An »Totalschaden« hat sie nicht jeden Tag gearbeitet. Ein Fehler, wie sie im Nachhinein meint. »Wenn es gut läuft, sollte man keine Pause einlegen. Es dauert zu lange, sich wieder einzulesen.«
Wenn Que Du Luu nicht ihre eigenen Texte liest (auch Kurzkrimis, Kurz-Thriller und Erzählungen stehen auf ihrer Veröffentlichungsliste), vertieft sie sich momentan gern in Werke von Amy Tan und David Sedaris, »weil sie mich berühren und unterhalten«.
Was sie selbst ihren Lesern als nächstes bieten möchte, weiß sie noch nicht. Selbst wenn: Sie würde es nicht sagen. »Ich rede lieber über abgeschlossene Projekte.« Der Magisterabschluss soll im kommenden Jahr dazugehören. »Und dann hoffe ich, hauptberuflich mit dem Schreiben Geld zu verdienen.« Also doch ein Ausblick.

Artikel vom 05.12.2006