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Missbrauch:
Onkel auf
Anklagebank

Noch kein Urteil

Gütersloh (rt). Ein 56-jähriger Gütersloher muss sich seit gestern vor dem Schöffengericht verantworten. Dem Mann wird vorgeworfen, seine Nichte in mindestens 33 Fällen sexuell missbraucht zu haben. Zu einem Urteil kam es noch nicht.

Die Taten sollen sich in der Zeit von Mai 1992 bis Frühjahr 1994 ereignet haben. Zwei Mal musste die Hauptverhandlung bereits vertagt werden. Der erste Anlauf im Januar dieses Jahres scheiterte, weil der 56-jährige Arbeiter in eine Klinik eingewiesen worden war. Der nächste Termin wurde im Sommer angesetzt und erneut aufgehoben, weil der Anwalt erklärte, dass sein Mandant aufgrund starken Alkoholmissbrauchs verhandlungsunfähig sei. Daraufhin wurde ein Sachverständiger eingeschaltet, der den Angeklagten untersuchte. Der Experte kam zu dem Ergebnis, dass der Angeklagte seit vielen Jahren alkoholabhängig ist. Trotzdem erklärte er ihn für verhandlungsfähig.
Während des gestrigen Termins hüllte sich der Angeklagte in Schweigen. Dafür redete das mutmaßliche Opfer, eine heute 22-jährige Studentin. Sie erklärte dem Gericht, mit ihrer Familie damals in einer Notunterkunft untergebracht gewesen zu sein. Sie seien aus Russland übergesiedelt und hätten in Gütersloh zusammen mit ihrem Onkel und dessen Frau gelebt. Als ihre Eltern in Russland zu Besuch gewesen seien, sei es zu Übergriffen gekommen. Ihr Onkel sei mehrfach nachts zu ihr ins Bett gekommen und habe sie am Körper gestreichelt. Auch in der Wohnung und im Auto soll das damals zehnjährige Mädchen vor ihrem Verwandten nicht sicher gewesen sein. Beim Fernsehgucken auf dem Sofa und während einiger Autofahrten auf dem Rücksitz sei es erneut zu unsittlichen Berührungen gekommen.
Das Mädchen verdrängte offenbar die Taten. Statt den Eltern von den Vorfällen etwas zu erzählen, schwieg sie - bis zum Jahr 2004. Sie begab sich bei einem Psychotherapeuten in Behandlung und packte aus. Aus diesem Grund wurde der Therapeut gestern auch als Zeuge gehört. Mit seiner Hilfe fasste die heute 22-Jährige den Mut, zur Polizei zu gehen und ihren Onkel anzuzeigen. Entlastende Aussagen tätigte während der Verhandlung die ehemalige Frau des Angeklagten. Ihr Mann sei damals immer bei ihr gewesen und habe nicht bei dem Mädchen geschlafen. Die Verhandlung wird in der kommenden Woche fortgesetzt.

Artikel vom 28.11.2006