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Nicht jeder Westfale
will unter die Erde

Helga Weeke organisiert auch Seebestattungen

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle (WB). Die meisten treten in aller Stille von dieser Welt ab. Einige wenige machen daraus ein spektakuläres Ereignis wie jener Mann, dessen Abschied kürzlich im Fernsehen zu sehen war. In Deutschland verstorben, wurde die Asche in Holland in eine Rakete umgefüllt und ins Weltall geschossen. »Sehr ungewöhnlich« fand nicht nur Helga Weeke. Der Bestatterin und ihrer Familie liegt es am Herzen, die Verstorbenen würdig zu bestatten.

Wie soll eine Trauerfeier gestaltet werden? Im Familienbetrieb Weeke - neben Helga Weeke arbeiten die Söhne Udo (40), Stefan (42) und Schwiegertochter Susanne (46) im Bestattungs- und Taxiunternehmen mit -Êist man sich einig: »Über das Thema wird oft zu wenig gesprochen. Viele Angehörige wissen gar nicht, wie es sich der Verstorbene gewünscht hätte«.
Anonym bestattet zu werden ist bekanntlich in Halle nicht mehr möglich. Und ein wenig begrüßt Helga Weeke dies: »Oft stellen Angehörige erst im Nachhinein fest, dass sie dann keinen Ort für ihre Trauer haben.« Nur wenige Anfragen musste sie inzwischen wegen einer Bestattung in einem Friedwald beantworten. Die 62-Jährige, die die Leitung des 1929 gegründeten Traditionsbetriebes an der Kaiserstraße 15 von ihrem verstorbenen Mann Friedel übernommen hat: »Die meisten haben dann doch das Rasengrab gewählt«.
Ein wenig aus der Mode geraten sind offensichtlich Seebestattungen. Doch wer sich einmal dafür entschieden hat, wie zwei oder drei Haller im Jahr, deren letzten Wunsch Weekes in die Wege leiten, der weiß meistens genau weshalb. Helga Weeke: »Das ist eine feierliche Geschichte auf einem kleinen Schiffchen mit Kapitän«.
Nach einer normalen Trauerfeier zur Einäscherung fordert zum Beispiel die 1. Deutsche und Hamburgerische Reederei für Seebestattungen die Urne bei dem Krematorium an. In Absprache mit den Angehörigen vereinbart die Bestatterin einen Termin, bei dem die Urne im Meer versenkt wird. Wobei Nord- und Ostsee bei den Landratten aus Ostwestfalen gleichermaßen beliebt sind.
In einem Auszug aus dem Logbuch des Motorbootes ist anschließend nachzulesen, wo die sterblichen Überreste von Herrn N.N. in würdiger Form nach seemännischem Brauch der See übergeben worden sind. Einschließlich der detaillierten Position: vielleicht 54 Grad, 2,3 Minuten nördlicher Breite, zehn Grad 54,9 Minuten östlicher Länge. Auf jeden Fall muss dieser Abschied außerhalb der Drei-Meilen-Zone erfolgen.
Natürlich ist der Wunsch nach einer Seebestattung in der Lindenstadt immer nur ein Einzelfall. Ein Grab in Haller Erde ist für die meisten in Ordnung. Es muss ja nicht unbedingt gleich bei der Trauerfeier in der Kapelle so erdig zugehen wie vor einigen Monaten. Komplett verblüfft waren Bestatter und Geistlicher dabei, als Angehörige Sand vor den Sarg kippten und Fußabdrücke zeigten, dass der Verstorbene Spuren hinterlassen hat.
Kerzen, Blumen, Kränze, die tröstenden Worte des Pfarrers sorgen bei einer normalen Trauerfeier in der Kapelle für einen festlichen Rahmen. Die Orgel unterstützt die Sänger, die oft so traurig sind, dass ihnen die Stimme versagt. Heute wird auch mitunter eine CD mit dem Lieblingslied des Verstorbenen abgespielt.
Immer beliebter wird übrigens ein Kondolenzbuch. Helga Weeke: »Es ist besonders schön für die Angehörigen, wenn sie später noch einmal nachlesen können, wer bei der Beerdigung seine herzliche Anteilnahme bewiesen hat.«

Artikel vom 29.11.2006