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Papagenos Leiden an der »Zauberflöte«

Leopold Altenburgs kabarettistischer Blick in die Opernwelt im »B 3«

Borgholzhausen (el). Zweimal Kabarett am des Wochenende überzeugte auf der Bühne Bahnhof Borgholzhausen (B3). Ging es dabei am Freitag aus dem Stegreif mitten hinein in die politische Aktualität, so entführte am Samstag Leopold Altenburg durch Raum und Zeit zur »Ent-Zauberflöte«.

Wie ein unüberwindlicher Übervater tauchte er immer wieder auf - Mozart. Dräuend hing er über den Erinnerung der Opernfigur Papageno, die 14 Besucher hinter den Kulissen besuchen durften. Leopold Altenburg, der das Borgholzhausener Publikum von rund einem Duzend früherer Auftritt mit Leopold & Wadowski kannte, verkörperte den depressiven Vogelfänger. Denn nach 215 Jahren kann er sein ständiges »Heißa Hopsasa« einfach nicht mehr ertragen. Obwohl es ihm mit zwei Arien, drei Duetten und mehr Auftritten als jedem anderen in der Zauberflöte doch gar nicht so schlecht gehen dürfte.
Aber ach, die Kollegen sind eine Zumutung, die Geschichte saublöd. Der angeblich so gutmütige Sarastro beispielsweise sei ein wahrer Soziopath. »Sarastro«, schnaubt der federbewehrte Papageno Altenburg: »Der Name allein klingt schon nach Kampfhund.« Tamino, der jugendliche Held, sei dumm wie Bohnenstroh und nur auf Muskeln aus. Die Königin der Nacht sei zwar nett, aber trunksüchtig. Selbst seine Papagena sei auf neutorische Weise dem Jugendwahn verfallen und magersüchtig - erfahren die Zuschauer. Wahrlich kein Zuckerschlecken.
Also streikt Papageno. Schließlich will er schon seit langem einfach eine Pension aufmachen. Eine Zuflucht für weitere Opernfiguren, die viel zu leiden haben. »Wagner zum Beispiel, ist ein Fall für Amnesty«, empört sich Leopolds Papageno. Der berichtet dabei nicht nur in geziertem Österreichisch aus Mozarts Zeit und Wirken, sondern schmettert auch gekonnt das ein oder andere Opern-Fragment. Das Kostüm dient Altenburg außerdem zu pantomimischen Andeutung auf das Vogelhafte der Rolle. Da ist der Witz auch schon mal mit Tragik unterlegt, wird im Spiel mit dem Publikum ein wenig Musik- und Geschichtswissen verbreitet.
Ganz anders war das bei »Stani«, obwohl der in seinem Programm vollmundig ankündigte: »Greitemeier erklärt die Welt«. Doch hier wurden ganz zeitgenössische Fragen beantwortet, die die 22 Zuschauer dem Karabettisten zum Fraß vorwarfen: Nach Globalisierung und Irakkrieg, nach Vergreisung der Gesellschaft und digitaler Revolution. Doch ein wenig Bitterkeit mischte sich auch in diesen so ganz anderen Humor. Denn schließlich lacht nur der zuletzt, der überlebt hat.

Artikel vom 28.11.2006