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Wie man lernt, mit
Gewalt umzugehen

Deeskalationstraining zeigt Eltern Wege auf

Halle (el). Nicht erst seit dem Amoklauf von Emsdetten ist die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen ein Thema. Experten sind sich einig, dass es sinnvoll ist, bereits Kindern und auch deren Eltern Wege aufzuzeigen, wie sie mit Gewalt umgehen können und wie Gewalt auch gar nicht entsteht.

Eskalation - das kommt vom französischen Wort für Treppe. Geht man sie hinauf, führt es zu Gewalt. Doch man kann sie auch hinunter gehen. Wie, das zeigte Carl Borgstedt von der Projektgruppe »Bündnis für Erziehung« des Kreises, am Samstag 45 Eltern von Grundschulkindern.
Aus Hörste, Gartnisch, Künsebeck, Brockhagen und von der gastgebenden Lindenschule kamen die Eltern. Einige kannten das Deeskalations-Training schon, andere schnupperten das erste Mal in die Methode sozialen Lernens. Carl Borgstedt, der Leiter des Kommisariats Vorbeugung im Kreis Gütersloh ist, setzte dabei auf viel Spaß, wenig Krampf und immer wieder genaues Nachdenken über das eigene Handeln. Denn »Aggression ist nicht wegzutrainieren«, erklärte Carl Borgstedt, »das muss sie auch nicht, denn sie hat uns geholfen die Dinosaurier zu überleben und ist nicht negativ.«
Doch der Umgang mit Gewalt, ihre Eindämmung, Vermeidung, sogar ihre Umgehung, das alles sei sehr wohl trainierbar. So zeigten die Klassen, die schon Teil des Projektes sind, dass sich Umgangsformen und das Klima in der Klasse nachhaltig gebessert hatten. Kinder lernten dabei von ihren Eltern, denn die sollen durch das »Bündnis für Erziehung« aktiver werden. Ein halbes Jahr werden sie dazu mit wöchentlichen Trainingseinheiten begleitet. Danach - so zumindest der Anspruch - geht es dann allein weiter. Zwei Klassen der Lindenschule haben das schon vorgemacht, eine dritte wird Anfang kommenden Jahres nachfolden, eine weitere hat schon Interesse bekundet.
Denn nur Gewalt abzulehnen ist nicht genug. Eine bloße Verneinung bewirkt meist sogar das genaue Gegenteil, wie die Teilnehmer des Samstagstrainings feststellten. Schließlich bekamen sie das bunte Rüsseltier gerade dann nicht mehr aus dem Kopf, als ihnen gesagt wurde, sie dürften auf keinen Fall an rosa Elefanten denken. Solche Fallstricke eigener Erwartungshaltungen und Fehleinschätzungen wurden immer wieder deutlich. Das einzige Mittel: Reden, fragen, interagieren, denn man kann nicht wissen, was der andere denkt. Und so fanden die Eltern hier einen neuen Gewaltbegriff, einen Überblick über Methoden, diese Erkenntnis auch an ihre Kinder weiterzugeben.

Artikel vom 28.11.2006