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Lateinlehrer fälscht eigenes Zeugnis

»Pädagoge« fliegt nach acht Monaten auf - Staatsanwalt ermittelt

Von Christian Althoff
Herford (WB). In Herford sind Schüler von einem »Latein-Lehrer« unterrichtet worden, der das Fach weder studiert hat, noch einen Universitätsabschluss vorweisen kann.
Das Friedrichs-Gymnasium in Herford. Foto: Hannemann

Eine Sprecherin der Bezirksregierung in Detmold bestätigte gestern, dass der angebliche Pädagoge fristlos entlassen worden sei. »Aus Gründen des Datenschutzes können wir allerdings keine Details nennen.«
Der Mann, dessen Eltern Lehrer sein sollen und der aus dem Kreis Herford stammt, hatte an der Uni Bielefeld Englisch-Übersetzungskurse belegt. Einen Abschluss der Uni hatte er aber nie gemacht.
Mit einem perfekt gefälschten Zeugnis hatte sich der »Pädagoge« dann bei der Bezirksregierung um eine Referendarsstelle beworben. Die angeblichen Unterlagen der Uni wiesen ihn als angehenden Englisch- und Lateinlehrer aus. Im Februar 2006 trat der Mann, der inzwischen verbeamtet worden war, seine Referendarsstelle am Friedrichs-Gymnasium in Herford an. Dort wurde der »Pädagoge« als Englisch- und Lateinlehrer in der Mittelstufe eingesetzt. Kollegen schätzten ihn vor allem wegen seiner Computerkenntnisse, während Schüler den Sprachunterricht bisweilen als »eigenartig« empfanden. Auch sollen Lehrkräften, die dem Referendar wie üblich zur Seite standen, Wissenslücken aufgefallen sein.
Zum Verhängnis wurde dem falschen Lehrer das Latein-Studienseminar in Bielefeld, das er, wie andere Referendare auch, parallel zur Lehrerausbildung besuchen musste. Dort erzählte der Mann, er habe in Bielefeld Latein studiert. Weil der Kreis angehender Lateinlehrer klein ist und sich niemand an den Kommilitonen erinnern konnte, schöpfte man am Studienseminar Verdacht und informierte die Bezirksregierung.
Die Aufsichtsbehörde fragte bei der Uni nach und deckte so den Schwindel auf. Der falsche Pädagoge musste am 25. Oktober sein Fach im Lehrerzimmer räumen und die Schule verlassen, das Beamtenverhältnis wurde aufgelöst. Das Land fordert jetzt das Gehalt zurück (monatlich 1100 Euro netto), außerdem ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld. »Es geht um Urkundenfälschung und Betrug,« sagte Oberstaatsanwalt Harald Krahmüller.
Den Schülern, denen mitgeteilt worden war, der Referendar habe das Friedrichs-Gymnasium »aus persönlichen Gründen« verlassen, soll kein Schaden entstanden sein. Die Klassenarbeiten seien von einem erfahrenen Lehrer kontrolliert worden, hieß es in Detmold.

Artikel vom 22.11.2006