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Rücktritt in den besten Jahren

Ian Thorpe schwimmt mit 24 an Land

Sydney (dpa). Die Schwimmwelt muss künftig ohne einen ihrer Top-Stars auskommen. Der Australier Ian Thorpe ist gestern nur wenige Wochen nach seinem 24. Geburtstag zurückgetreten.
Thorpe hatte seit seinem ersten Weltmeistertitel, den er 1998 als 15-Jähriger gewonnen hatte, Maßstäbe vor allem über 200 und 400 Meter Freistil gesetzt. In seiner Heimatstadt Sydney erklärte er nun, ihm fehle der Antrieb, um bis zu den Olympischen Spielen in zwei Jahren weiterzumachen.
»Dies mag nicht der beste Moment für einen Rücktritt sein, aber es ist mein Moment«, sagte Thorpe. Sein Good bye vom Schwimmsport wurde in Australien mit großem Bedauern, aber auch mit Verständnis aufgenommen. »Er war ein bemerkenswerter Athlet, ein großer Schwimmer, ein guter Kerl, und ich wünsche ihm Erfolg und Glück für die kommenden Jahre«, sagte Premierminister John Howard. Der fünfmalige Olympiasieger und elfmalige Weltmeister sagte, sein Leben sei »nicht im Gleichgewicht« gewesen.
Zunächst wollte er nur auf die australische Qualifikation für die WM im März 2007 verzichten. Erst am Sonntag habe er den Rücktritts-Entschluss gefasst, sagte Thorpe, der entspannt und locker wirkte wie selten. Über seine Zukunftspläne meinte er, er werde weiter für einen Pay-TV-Sender arbeiten, wo ein neues Projekt geplant sei. Zudem hat Thorpe seit Jahren eine Stiftung, die benachteiligten Kindern hilft.
Der Australier war 1998 als jüngster WM-Champion der Schwimm-Geschichte bekannt geworden. Auf seiner 400 m-Spezialstrecke erlitt er bis zum Karriereende nur noch eine Niederlage. Bis Olympia 2000 hatte er sich mit mehreren Weltrekorden schon als Top-Favorit etabliert. Dennoch hielt er in Sydney dem Erwartungsdruck stand und gewann drei Mal Gold und zwei Mal Silber -ĂŠtrotz einer Niederlage über 200 Meter gegen den Niederländer Pieter van den Hoogenband.
Auf dem Höhepunkt seines Könnens war Thorpe im Jahr darauf, als der Hüne bei der WM in Japan sechs Goldmedaillen gewann. Sein dort aufgestellter 200-m-Weltrekord (1:44,06 Minuten) ist ebenso noch gültig wie die 3:40:08 Minuten über 400 Meter von 2002.
Kurz nach der WM in Fukuoka entrann er nur knapp einer Katastrophe, als er am 11. September 2001 auf dem Weg ins World Trade Center war, als sich dort die Terroranschläge ereigneten.
2004 in Athen siegte Thorpe über 200 und 400 Meter. Dem 400 m-Sieg war eine bizarre Episode vorausgegangen, als er bei der Quali vom Startblock plumpste und disqualifiziert wurde. Nur der Verzicht eines Klubkollegen ermöglichte die Titelverteidigung.

Artikel vom 22.11.2006