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Nicht zusätzlich
Ängste schüren

Was die Schulleiter im Altkreis sagen

Altkreis Halle (pes/fn/anb/mel). Die schrecklichen Ereignisse in der Realschule Emsdetten, sie waren gestern natürlich auch Gesprächsthema an den weiterführenden Schulen im Altkreis Halle. Im Unterricht wurde es allerdings nur vereinzelt behandelt.

Schockiert reagierten die Steinhagener Hauptschüler auf die Ereignisse in Emsdetten. Im Unterricht, aber auch in den Pausen war der Amoklauf Thema, wie die stellvertretende Schulleiterin Cornelia Wilken-Klocke berichtet. »Von politischen Großereignissen wie einer Bundestagswahl wissen die Schüler oft wenig. Aber solch ein Geschehen betrifft sie, da sind sie gut informiert.«
Großes Entsetzen sei spürbar, sei es im Geschichtsunterricht oder auch in ihrer Religionsstunde in der zehnten Klasse. Wer keine großen Probleme hat, macht so etwas nicht, sei eine Reaktion gewesen. Berührt habe die Schüler auch, dass der 18-jährige Täter in seinem Abschiedsbrief beklagt habe, dass man von Gleichaltrigen nur mit dem neuesten Handy und Markenkleidung akzeptiert werde. »Wovon hängt der Wert eines Menschen ab, war die Frage in der Religionsstunde. Dass das nichts mit Äußerlichkeiten zu tun hat, war für die Schüler ganz klar«, betont die Pädagogin.
Einig ist sich Cornelia Wilken-Klocke mit dem Haller Realschul-Leiter Frank Spannuth, dass die an beiden Schulen angebotene Schulsozialarbeit die Chance biete, frühzeitig auf Schüler mit großen Sorgen und Problemen zuzugehen. An der Realschule sei man aber von Lehrerseite das Thema nicht offensiv angegangen. »Wir würden dadurch vielleicht noch mehr Ängste schüren, als wir bewältigen könnten«, meint Spannuth im WESTFALEN-BLATT-Gespräch. Trotz aller Aufmerksamkeit von Lehrern, Sozialarbeitern und Mitschülern: »Vor einem wahnsinnigen Einzeltäter ist es ganz schwierig, sich zu schützen«, ergänzt der Realschul-Rektor.
Im Steinhagener Gymnasium haben die Klassen gestern ganz individuell und nach Bedarf die schrecklichen Ereignisse diskutiert. »Das Thema schien für unsere Schüler zunächst einmal gar nicht so nah zu sein«, sagte Konrektor Martin Zurwehme. Im Kollegium soll dann in den nächsten Tagen überlegt werden, ob und wie man das Thema mit den Jugendlichen noch einmal aufnehmen könne.
Ludger Voß, stellvertretender Schulleiter am Versmolder CJD-Gymnasium, will das Thema nicht zu hoch hängen. »Natürlich wurde in vielen Klassen gestern Morgen über das Thema gesprochen. Schließlich kann so ein Attentat im Prinzip überall passieren.« Aber man dürfe einen Einzelfall wie in Emsdetten auch nicht dramatisieren. »Unsere Schüler sind angehalten, Hinweise weiterzugeben. Egal, ob sie etwas von Mitschülern gehört oder im Internet gesehen haben.« Ein spezieller Maßnahmenkatalog für einen solchen Fall mache aber seiner Meinung nach keinen Sinn.

Artikel vom 22.11.2006