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»Täglich 5000 Euro verbrannt«

Nach hitziger Debatte lehnt Rat Gewinnabführung der Stadtwerke ab


Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Einen Ergebnisabführungsvertrag zwischen den Stadtwerken Bielefeld und der städtischen Beteiligungsgesellschaft BBVG wird es zunächst nicht geben. Mit der knappen Mehrheit von SPD, Grünen, Bürgernähe und PDS wurde ein entsprechender Vertragsentwurf der Verwaltung abgelehnt. CDU, Bürgergemeinschaft und FDP sprachen sich für einen solchen Vertrag aus, der bis zu 11,5 Millionen Euro in die weiterhin leere Stadtkasse gebracht hätte.
Gegen die FDP-Stimmen hingegen wurde ein gemeinsamer Antrag aller übrigen Ratsfraktionen und -gruppen angenommen, in dem die »strategische Bedeutung« der Stadtwerke für die Stadt Bielefeld hervorgehoben wird.
Dass in der vorausgehenden Debatte die Wellen hoch schlugen, lag an Ralf Schulze (Bürgergemeinschaft). Auf den Vertrag zu verzichten, sei genauso, als ob man täglich 5000 Euro auf der Straße verbrennen würde. »Darf Politik eigentlich alles beschließen, was sie will?«, fragte er und ermunterte Bürger, gegen Politiker Anzeige zu erstatten, die solch einen Vertrag ablehnten. SPD-Fraktionschef Pit Clausen forderte daraufhin eine rechtliche Prüfung, inwieweit Politiker haftbar seien. Nach einer Sitzungsunterbrechung sprach der zuständige Rathausdezernent Franz-Josef Löseke von einer »persönlichen Risikoabwägung«, die jedes Ratsmitglied für sich treffen müsse.
Clausen und seinen grünen Kollegen Klaus Rees führte diese Abwägung zur Ablehnung. Niedrigere Netzentgelte und Stromtarife, die zu einer Reduzierung der Strompreise und damit auch der Gewinne der Stadtwerke führen könnten, machten einen solchen Vertrag unkalkulierbar, waren sie sich einig. Umgekehrt müsse den Stadtwerken Bremen, die 49,9 Prozent am Bielefelder Versorger halten, eine Garantiedividende von 47,5 Millionen Euro über den fünf Jahre währenden Vertragszeitraum überwiesen werden. Zahlen, die auch die Wählergemeinschaft Bürgernähe, deren beide Stimmen in dieser Entscheidung den Ausschlag gaben, davon überzeugten, den Vertrag abzulehnen.
Die Befürworter hingegen halten das Risiko für überschaubar. Es sei unwahrscheinlich, dass die Gewinne des Versorgungsunternehmens einbrächen, sagte Ralf Nettelstroth (CDU).
Heftige Kritik an SPD und Grünen übte Otto Sauer (FDP). Einerseits werde die Gewinnabführung abgelehnt, andererseits in dem von ihnen initiierten »Strategieantrag« die Zahlungen an die Stadt hervorgehoben. Detlef Helling (CDU) kritisierte, dass in der Debatte um die Gewinnabführung Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretung der Stadtwerke zu einer erheblichen Politisierung beigetragen hätten.

Artikel vom 17.11.2006