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Was Studenten
2006 gelernt haben

Kaum hat das Jahr begonnen, ist auch schon wieder vorbei. Wo ist die Zeit geblieben? Studenten mögen hinzufügen: Was habe ich eigentlich gelernt? Nach ihrer ganz persönlichen Bilanz erkundigte sich Laura-Lena Förster bei den Studenten der Bielefelder Uni und der FH.

Menschen, die aus der alternativen Szene kommen, sind oft intoleranter als die, denen sie es vorwerfen. Diese Erfahrung hat Carolin Schwidde (20), Englisch- und Deutschstudentin aus Bünde, gemacht, als sie ihren Freund Sven kennen lernte. »Er sah anders aus, hörte andere Musik und machte andere Sachen als meine Freunde und ich. Und er hatte keine Problem damit, dass wir nicht so waren«, sagt sie. Ihr Freundeskreis schon. »Die meisten haben sich abgewendet, nachdem wir zusammengekommen sind«, sagt sie, ohne es zu bedauern. »Die Freundschaft war anscheinend nur oberflächlich.«
Mehr über menschliches Verhalten hat Anfang des Jahres auch Susanne Bittner (25), die Wirtschaftsrecht an der Fachhochschule Bielefeld studiert, gelernt. Nämlich, dass man Menschen nicht ändern kann. Bei ihrem damaligen Freund hatte sie es versucht. »Er hat sich aber nicht so geändert, wie ich es mir gewünscht habe«, sagt sie. Die Beziehung ging auseinander.
Dass einen auch Menschen, denen man nahe steht, mit denen man sogar verwandt ist, enttäuschen können, hat ihre Kommilitonin Melanie Kor-detzki (24) erfahren. Auch sie studiert Wirtschaftsrecht an der FH. »Am Anfang ist diese Feststellung recht frustrierend. Doch dann habe ich Rache geschwört und den Verwandten einfach beim nächsten Mal nicht geholfen. Sie zogen gerade um«, sagt sie.
Nicht mit der Familie, aber mit seinem Nebenfach Wirtschaft hatte Robert Kröger (22) aus Bad Salzuflen Probleme. Muss ich das durchziehen? Oder kann ich einfach wechseln? Und wenn ja, wie wirkt sich das auf meinen Lebenslauf aus? »Ich habe mich viel mit meinen Eltern und Freunden über diese Entscheidung unterhalten und bin letztlich doch auf Sozialwissenschaften umgestiegen«, sagt er ohne Reue.
Mario Meier (24), Student der Sozialwissenschaften und Germanistik aus Herford, ist 2006 einerseits von der Fußballweltmeisterschaft (»Deutschland kann sich als Land ja doch gut präsentieren«) und andererseits von seinem Studium überrascht worden. »Man kann sich selbst organisieren, selbst wenn es am Anfang überhaupt nicht danach aussieht. Spätestens in der Klausurphase setzt die Disziplin ein«, sagt er.
Viel Fachliches hat Susann Kunadt (27), die an der Uni in Soziologie promoviert, gelernt. Wachstums- und Mehrebenenmodelle kann sie jetzt ausrechen. »Damit werden Umfragedaten ausgewertet«, sagt sie. Ein weiterer Erfolg: Beim Workshop »Angewandte Klassifikation«, der jährlich veranstaltet wird, verstand sie nicht nur mehr als im Vorjahr, sondern war aktiv mit einem Vortrag beteiligt.
Soziologie ist auch Julia Hansmeyers (22) Fach. Im fünften Semester studiert sie es auf Diplom. »Ich möchte nicht mein ganzes Leben in Deutschland bleiben.« Das war ihr nach ihrem diesjährigen und ersten Urlaub in Schweden klar. »Die skandinavische Lebensweise sagt mir mehr zu.« Als nächstes soll es nach Island gehen, die Bücher hat sie schon unterm Arm.
Sein Studium in Wirtschaft und Wirtschaftsinformatik begann Andreas Tekampe (29) vor sieben Semester, ohne genau zu wissen, was er da tut. Er tat das Richtige: »Mit den Fächern habe ich voll ins Schwarze getroffen. Das Studium klappt gut - wie beruhigend«, sagt er.
Dennis Heckers (21) Studium in Wirtschaftswissenschaften klappt auch, allerdings hat er es sich einfacher vorgestellt. »Kurz vor Ende des Sommersemesters habe ich mich total verrückt gemacht, obwohl ich dann doch nur eine Klausur schreiben musste«, ist eine der Erfahrungen, die er in diesem Jahr gemacht hat.
Dominik Beermann (20) aus Bad Laer hat 2006 etwas gelernt, was mit dem Hochschulwesen so gar nichts zu tun hat: Hausmeisterarbeiten und mit alten Menschen umzugehen. Seinen Zivildienst leistet er derzeit, zum nächsten Wintersemester will er mit dem Studium beginnen. Vielleicht in Bielefeld. Vielleicht die Entscheidung für 2007.

Artikel vom 05.12.2006