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Bunte Drachen
als letzter Gruß

Schlichte Trauerfeier für Kevin

Bremen (dpa). Noch erinnert kein Kreuz und kein Stein am Grab des kleinen Kevin an sein tragisches Schicksal.
Ein Teddy mit grünem Hut und bunte Drachen auf Kevins Grab.

Ein kleiner Teddybär mit einer grünen Mütze und zwei lachende kleine Spielzeugdrachen auf bunten Blumengestecken sind ein letzter Gruß an den zweijährigen Jungen aus Bremen, dessen Tod bundesweit Entsetzen und eine politische Debatte über mehr Kinderschutz auslöste. Fünf Wochen nach dem entsetzlichen Fund seiner Leiche im Kühlschrank seines drogenabhängigen Ziehvaters ist der Junge gestern in Bremen mit einer Trauerfeier in einer schlichten Friedhofskapelle und im Beisein einiger weniger Angehöriger, Nachbarn und Betreuer in einem kleinen weißen Sarg beigesetzt worden. Um die Grabpflege wird sich ein Verein kümmern.
»Schmerz, Ratlosigkeit, Ohnmacht, Verzweiflung, Wut und Trostlosigkeit - vieles geht durcheinander«, sagt Pastorin Jutta Konowalczyk-Schlüter. Sie fasst damit die Emotionen über Kevins Tod in den vergangenen Wochen zusammen. »Wir sind hier so voller Traurigkeit, voller bitterer Gedanken, grübelnd nach dem Warum. Kevin hatte sein Leben doch noch nicht gelebt.«
»Ein lieber letzter Gruß von Oma und Opa«, heißt es auf der orange-farbenen Schleife an einem Blumenherz. Mit gesenkten Köpfen nehmen die Eltern des Ziehvaters, einige Nachbarn und Bremens Regierungschef Jens Böhrnsen Abschied am Grab. Direkt daneben ist Kevins Mutter beerdigt. Die drogenabhängige Frau war im November 2005 unter noch nicht endgültig geklärten Umständen gestorben. Von ihrer Familie war niemand bei der schlichten Feier dabei.
Auch der in Untersuchungshaft sitzende Ziehvater, in dessen Wohnung die Leiche des misshandelten Jungen gefunden worden war, war nicht auf dem Friedhof. Der drogenabhängige Mann hatte vergeblich um Erlaubnis gebeten. Seinem Wunsch wurde nach Angaben der Justizverwaltung nicht stattgegeben. Gegen ihn wird wegen Totschlags und Misshandlung von Schutzbefohlenen ermittelt.
Der Tod des Jungen hatte bundesweit nicht nur für Abscheu gesorgt. Schwere Missstände wurden den Behörden im Fall des kleinen Jungen angelastet. Die zuständige Sozialsenatorin trat kurz nach Bekanntwerden von Kevins Tod zurück. Gegen Mitarbeiter des Jugendamtes wird strafrechtlich ermittelt, und ein Untersuchungsausschuss soll noch mehr Licht auf die gravierenden Fehler in den Behörden werfen.

Artikel vom 14.11.2006