13.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Obermann löst Ricke
an Telekom-Spitze ab

Aufsichtsratschef ist sauer über Kundenrückgang

Bonn (dpa). Telekom-Vorstandschef Kai-Uwe Ricke ist gestern nach vier Jahren im Amt zurückgetreten. Das teilte die Deutsche Telekom AG in Bonn am späten Abend in einer Pflichtmitteilung mit. Rickes Nachfolger wird der bisherige Chef der Mobilfunktochter T-Mobile, René Obermann.

Obermann, der Branchenkreisen zufolge bereits seine Bereitschaft für den Posten erklärt hat, soll voraussichtlich heute zu Rickes Nachfolger ernannt werden. Dazu wird sich der komplette Aufsichtsrat, der für solche Personalien zuständig ist, zu einer außerordentlichen Sitzung treffen.
Für Rickes Abgang machten sich der Finanzinvestor Blackstone und der Bund stark, die mit seiner Führung nicht mehr einverstanden waren. Blackstone hat schon im September auf einen Rauswurf von Ricke gedrängt, was Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und der Bund aber abgelehnt hätten. Mittlerweile sei das Verhältnis zwischen Zumwinkel und Ricke aber merklich abgekühlt, hieß es. Auf einer inoffiziellen Sitzung des Aufsichtsrates nach der Vorlage der Quartalszahlen am Donnerstag habe Zumwinkel den Vorstandsvorsitzenden massiv kritisiert. »Da hat es richtig gekracht«, hieß es.
Grund für den Wechsel an der Konzernspitze ist informierten Kreisen zufolge der Kundenrückgang in der Festnetzsparte T-Com, der sich auch im dritten Quartal ungebremst fortgesetzt hat. Seit Jahresbeginn kehrten mehr als 1,5 Millionen Kunden der Telekom den Rücken. Daher könnte auch T-Com-Chef Walter Raizner abgelöst werden.
Die Telekom hatte vor allem wegen der Schwäche von T-Com im August ihre Prognose für 2006 und 2007 deutlich gesenkt, was den Aktienkurs einbrechen ließ. »Blackstone hat dabei viel Geld verloren und seitdem ist das Verhältnis zu Ricke gestört«, hieß es im Umfeld des Finanzinvestors.
Ricke hatte vor vier Jahren den Chefposten bei Europas führendem Telekomkonzern von Ron Sommer übernommen. Ursprünglich wollte der Aufsichtsrat der Telekom am 5. Dezember über eine Verlängerung seines Vorstandsvertrags entscheiden. Ricke hatte erst am Donnerstag bei der Präsentation der Neun-Monats-Zahlen betont: »Wir haben im Wettbewerb eine neue Stärke gewonnen.« Im Inlandsgeschäft habe sich die Umsatzentwicklung stabilisiert und im Ausland legten die Erlöse weiter zu. Mit Blick auf die Tarifreform vom September hatte Ricke gesagt: »Das macht richtig Spaß, wir konkurrieren jetzt auf Augenhöhe mit den Wettbewerbern.«
Der 1963 geborene Obermann kam 1998 zur Deutschen Telekom. Unter dem damaligen Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer war Obermann zunächst für den Vertrieb der deutschen Mobilfunktochter zuständig, wurde dann 2000 Vorsitzender der Geschäftsführung und machte T-Mobile Deutschland zum Marktführer vor Vodafone D2. Als Ende 2002 der damalige Chef der internationalen Telekom-Mobilfunksparte, Ricke, zum neuen Vorstandsvorsitzenden berufen wurde, wurde Obermann Mitglied des Konzernvorstands und Chef von T-Mobile International. Obermann und Ricke gelten seit ihrer gemeinsamen Zeit bei T-Mobile als eingespieltes Team. Unter Obermanns Führung festigte T-Mobile trotz des harten Preiswettbewerbs die Marktführerschaft in Deutschland. Seite 2: Kommentar

Artikel vom 13.11.2006