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»Spätstarter« Sperling die Nr. 1

Hauchdünner Sieg vor Strothmann und Assmann - Pfeiffer schnellste Frau

Von Gunnar Feicht (Text und Fotos)
Borgholzhausen (WB). Als einer der Letzten gestartet, am Ende aber als Erster auf dem Siegerpodest - das Reglement und seine sportliche Klasse haben Christian Sperling in einer der spannendsten Entscheidungen der 28-jährigen Geschichte des Borgholzhausener Berg-Einzelzeitlaufs den Sieg beschert.

Der Gütersloher im Dress des TV Wattenscheid gewann nach 4,6 km mit mehr als 200 Höhenmetern um ganze drei Sekunden vor Lokalmatador und Titelverteidiger Jörn Strothmann vom Ausrichter LC Solbad. »Den Sekt hebe ich mir für meinen Geburtstag am Montag auf, denn da werde ich 22«, freute sich der Deutsche Mannschaftsmeister der Junioren im Halbmarathon über die Prämie für Platz eins. Nur weitere sechs Sekunden hinter Jörn Strothmann folgte als Dritter Ingo Assmann (SC Melle 03), der in der Chronologie des Wettbewerbs mit Einzelstarts im Zehn-Sekunden-Abstand als Erster das Ziel am Luisenturm erreicht hatte. Bei den Frauen siegte wie im Vorjahr Ilona Pfeiffer (TSG Dissen).
Nach den starken Regenfällen in der Nacht und am Vormittag prägten extreme Bodenverhältnisse Deutschlands nördlichsten Berglauf. »Oh Mann, was für eine miese Zeit«, waren Jörns Strothmanns erste Gedanken beim Zieldurchlauf. Doch die Konkurrenz hatte ähnliche Probleme mit dem glitschigen Untergrund: »Als ich die Resultate von Ingo Assmann und Murat Bozduman hörte, habe ich doch wieder auf einen Sieg spekuliert«, sagte Jörn Strothmann. Nach dem Rückweg zum Start schwand die Zuversicht jedoch wieder: »Als ich sah, dass und wie sich Christian Sperling auf den Start vorbereitet, ahnte ich: Das wird ganz eng.«
Sperling, in diesem Sommer mit 3:53 Min. über 1500 m notiert, legte los wie die Feuerwehr, passierte den ersten Kilometer nach 3:24 Min. (Strothmann: ca. 3:40), musste in den Steigungen dann Federn lassen, rettete aber ein knappes Plus ins Ziel. »Ich war die Strecke ja schon als Jugendlicher ein-, zweimal gelaufen, aber so lang hatte ich den Berg nicht in Erinnerung. Der wollte ja gar nicht mehr aufhören«, beschrieb Sperling seine Leiden. Für den Sportstudenten, dessen Schwester Christine für Blau-Weiß Halle Tennis spielt, hatte sich nach einem Termin in Halle der Abstecher nach Pium mit dem Sieg aber auf jeden Fall gelohnt. Kommende Saison will er sich in erster Linie auf die Mittelstrecke (Schwerpunkt: 1500 m) konzentrieren.
Sperling stürmte den Berg mit seinen normalen Straßen-Rennschuhen, Strothmann griff zum fast 15 Jahre alten »Adidas Highway«, M45-Klassensieger Jürgen Bischof bevorzugte Orientierungslauf-Schuhe mit Noppensohle - doch ein Patentrezept gab's auf dem nassen und teilweise sehr schlammigen Untergrund nicht. Die Regenfälle am Vormittag kosteten die Veranstalter mit Sicherheit 100 Teilnehmer, die gar nicht erst anreisten, so dass knapp 390 »Finisher« (Vorjahr: 460) unter den gegebenen Umständen kein schlechtes Resultat waren.
Diejenigen, die sich unverdrossen durch Nässe und Nebel kämpften, trugen das Hundewetter mit Fassung: »Damit muss man im November eben rechnen. Das Steilstück oberhalb des Steinbruchs war mit Sägemehl gut präpariert. Da habe ich vor zwei, drei Jahren schon schlechtere Bedingungen erlebt«, meinte zum Beispiel der Versmolder Andreas Faethe. Bis auf einen Starter, der nach seinem Sturz das Ziel erreichte, dann aber vorsichtshalber ins Krankenhaus gebracht wurde, kamen auch diejenigen glimpflich davon, die unfreiwillig Bodenkontakt hatten.

Artikel vom 13.11.2006