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Uni-Anschläge:
Student (26) im
Visier der Kripo

Heiße Spur: Wohnungen durchsucht

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Nach wochenlangem Stillstand ist wieder Bewegung in die Ermittlungen um die Uni-Anschläge vom vergangenen Sommer gekommen. Offenbar verfolgen die Kripofahnder vom Staatsschutz eine neue heiße Spur.

Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart bestätigte auf Anfrage, dass ein 26-jähriger Soziologiestudent ins Visier der sechsköpfigen Ermittlungskommission »Uni« geraten sei. Bei dem Mann soll es sich um einen bekannten Aktivisten aus den Kreisen der Studiengebührengegner handeln. Diese sollen beim monatelangen Streit um die Einführung von Studiengebühren an der hiesigen Hochschule für eine Reihe von Straftaten verantwortlich sein (das WESTFALEN-BLATT berichtete).
So war beim versuchten Sturm auf den Sitzungsraum des Unisenates am 12. Juli der Universitäts-Generalschlüssel einem Wachmann entrissen worden - 500 Türschlösser besonders sicherheitsrelevanter Bereiche mussten daraufhin in der Hochschule ausgetauscht werden. Es gab im Unigebäude wiederholt Brandanschläge unter anderem auf Toiletten und die Bibiliothek, das Büro eines Professors war mit Kot beschmiert worden. In der Nacht zum 11. August wurde schließlich als trauriger Höhepunkt der Privatwagen von Unirektor Dieter Timmermann vor dessen Haus angezündet.
Im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den 26-jährigen Studenten, sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart weiter, habe es gestern morgen zeitgleich zwei Wohnungsdurchsuchungen gegeben. Nach WESTFALEN-BLATT-Informationen sollen Donnerstag um 6.30 Uhr sowohl die elterliche Wohnung des Verdächtigen in Duisburg als auch sein Zweitwohnsitz in Bielefeld nach Belastungsmaterial rund um die Anschlagserie auf die Universität durchsucht worden sein. Unter anderem haben Polizeibeamte einen Personalcomputer und ein Laptop mitgenommen. Die darauf gespeicherten Daten müssten in den folgenden Tagen ausgewertet werden, sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart: »Wir erhoffen uns von der Auswertung Hinweise auf die Täter der Brandanschläge, insbesondere auf die, die das Auto von Universitäts-Rektor Dieter Timmermann in Brand gesteckt haben.«
Dass sich bei den Ermittlungen wochenlang nichts getan habe, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld damit, dass sich der 26-jährige Student zunächst längere Zeit außer Reichweite der Kripofahnder auf Kuba aufgehalten habe. Anschließend habe man nach einem Wohnungswechsel innerhalb Bielefelds die neue Anschrift des jungen Mannes herausfinden müssen. Zwar habe man gestern anlässlich der Durchsuchungen den 26-Jährigen weder festgenommen noch erkennungsdienstlich behandelt, doch sei bekannt, dass der Student am 12. Juli beim Sturmangriff auf den Hochschulsenat beteiligt gewesen sei. Das hätten sowohl Zeugen als auch die Auswertung der uniinternen Videoüberwachung bestätigt.
Bereits Mitte August hatte es bei einem anderen Studenten eine Hausdurchsuchung gegeben. Auch hier war ein Computer beschlagnahmt worden. Allerdings habe die Auswertung der Daten nichts Relevantes ergeben, hieß es.

Artikel vom 10.11.2006