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Ein »Schloss im Dornröschenschlaf«

Für das Walbaum'sche Haus wird immer noch nach einem Käufer gesucht

Von Dunja Henkenjohann
Werther (WB). Die Geschichte der Familie Walbaum ist über Generationen mit der Böckstiegelstadt verbunden: Die Walbaums handelten weltweit mit Leinsamen, hatten eine Flachsschwingerei, waren Friedensrichter oder Kirchmeister. Doch vom Glanz vergangener Jahrhunderte ist am Walbaum'schen Haus heute nicht mehr viel zu erkennen. Für das denkmalgeschützte Gebäude wird immer noch ein Investor gesucht - und eine gute Idee.

Seit der Naturkostladen Wildwuchs vor mehreren Jahren in den Neubau im hinteren Bereich des C.F.-Venghaussplatzes umgezogen ist, hat sich am Walbaum'schen Haus kaum etwas getan. Weil der Inhaber des Gebäudes nach Süddeutschland gezogen ist, wird seit Anfang 2002 nach einem neuen Eigentümer gesucht.
Einst war das Haus Prestigeobjekt einer Kaufmannsfamilie, heute ist es ein »Schandfleck« im Herzen der Stadt. »Ich wünsche mir, dass das Gebäude auf Vordermann gebracht und sinnvoll genutzt wird«, sagt Bürgermeisterin Marion Weike und betont, dass sie stets versuche, möglichen Investoren eines der ältesten Häuser der Stadt schmackhaft zu machen.
Das Fachwerkhaus an der Ravensberger Straße 16 stammt aus dem Jahre 1621 und soll von dem damaligen Bürgermeister erbaut worden sein. Später war es Wohnhaus jener Familie, die in Werther eines der bedeutendsten Handelshäuser führte. 654 Quadratmeter ist das Grundstück groß, die Wohn- beziehungsweise Nutzfläche liegt bei 534 Quadratmeter. Der Kaufpreis für das historische, völlig entkernte Gebäude (ohne Neubau) liegt bei 190 000 Euro, allein das Grundstück ist 120 000 Euro wert. Interessanter dürften für mögliche Investoren allerdings die Umbaukosten sein. Immobilienmakler Eckehart Westerheide schätzt diese auf etwa 750 000 Euro.
Eine »Wundertüte« ist das Walbaum'sche Haus aus seiner Sicht nicht. »Die Investitionskosten hängen mit der späteren Nutzung zusammen«, betonte er im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Die Einrichtung von Wohnungen sei sicherlich teurer als die von Gewerbeflächen.
Ein Ladenlokal, Arztpraxen, Rechtsanwaltsbüros, Gastronomie oder Wohungen - die Möglichkeiten in dem »Dornröschen-Schlosss« sind vielfältig. »Perfekt wäre ein Investor, der einen Teil des Gebäudes selbst nutzen und den Rest vermieten will«, denkt Eckehart Westerheide an Selbständige, die ein Interesse an einer optischen »Visitenkarte« im Stadtzentrum haben. Einen Teil des Walbaum'schen Hauses selbst nutzen, den anderen vermieten - so falle schon mal ein dicker Batzen des Risikos weg, meint der Bielefelder Immobilienmakler.
Die Investition in das denkmalgeschützte Gebäude hat laut Westerheide durch eine mögliche Landesförderung und die Abschreibung der Renovierungskosten innerhalb von zehn Jahren auch steuerliche Vorteile. Dagegen fallen aus seiner Sicht die Auflagen gering aus.
Die Nachfrage ist dennoch gering. »Anfang des Jahres hat uns ein Interessent ein Konzept für Betreutes Wohnen präsentiert, doch auch diese Sache scheint im Sande verlaufen zu sein«, sagt Eckehart Westerheide. Eine gute Idee und der passende Geldbeutel - nur diese Kombination kann das Walbaum'sche Haus wohl aus seinem »Dornröschenschlaf« holen.

Artikel vom 10.11.2006